hirsauisch bezeichneten Presbyterienseitenschiffe oder die Nebenchöre konnten bereits durch Verbeek 172 als schon vor Hirsau auftretend nachgewiesen werden. Die später häufigere Anwendung dieser Raumteile ist nicht immer mit dem Einfluß Hirsaus zusammenzubringen, vielmehr mit einer Verbreitung allgemeiner monastischer Erneuerungsbewegungen. Dabei konnten wir die spezifischen Umdeutungen dieser Räume gut verfolgen. Von den Türmen im Westen war bereits die Rede. Auch die Türme im Osten konnten als ihren Entstehungsgebieten gebunden festgestellt werden. Es wurde nachgewiesen, daß der Chorus minor nicht allein aus einer Verbindung mit Hirsau zu resultieren braucht, daß vielmehr Bauten späterer Epochen diesen Raumteil übernehmen, ohne daß damit die Übernahme der Reform verbunden wäre. Auch der chorus minor kommt, wie die Presbyterienseitenschiffe, einer neuen Art monastischen Lebens entgegen und wird daher übernommen. Ob er bei diesen Bauten auch den in den „Gewohnheiten“ beschriebenen Zwecken diente, kann nicht mehr ausgemacht werden.
Während aber für die Presbyterienseitenschiffe Hirsau nicht als Urbau in Anspruch genommen werden kann, stammt die Idee des architektonisch ausgezeichneten chorus minor von PP. Damit ist allerdings nicht gesagt, daß Bauten, die diesen Chorteil besitzen auf PP zurückgehen, vielmehr kann es sich hier auch schon um eine Übernahme aus dritter oder vierter Hand handeln.
Die Ablehnung der Krypta ist, wie wir feststellen konnten, kein sicherer Beweis, daß der Bau der Hirsauer Bewegung angehörte. Auch die Praemonstratenser und Zisterzienser meiden die Krypta, ebenfalls Pfarrkirchen. Die Steigerung der Höhenproportionen ist ein Moment der Zeit und tritt bereits vor Hirsau auf. PP selbst bildet keine Ausnahme, sondern fügt sich mühelos als Glied in die Entwicklungsreihe ein. Bei der Betrachtung der Details konnte die Portalrahmung durch den Sockel und die Arkadenrahmung durch gleichwertige, horizontale und vertikale Leisten als hirsauische Erfindung nachgewiesen werden. Aber auch hier ist das Auftreten solcher Formen nicht gleichbedeutend mit direkten Beziehungen zu Hirsau.
Man hat schon früh erkannt, daß die „Hirsauer Bauschule“ keinen Typ geschaffen hat, der ohne Berührung mit der ihn umgebenden Landschaft sein Aussehen erhielt. Im Gegenteil, man hat aus den landschaftlich sehr eng gebundenen Bauten gewisse Eigenheiten herausgeschält, um durch diese die Beziehungen mit Hirsau zu beweisen. Man scheute dabei nicht vor eigentümlichen Argumenten, wie gerade der Fall der Stütze in Eisenhofen beweist.
Andererseits kann man aber auch nicht soweit gehen, wie es Eimer getan hat, der nicht nur die „Hirsauer Bauschule“ ablehnt, sondern gleichzeitig auch von einer gewissen Nachfolge von PP nichts zu erkennen glaubt. Die Situation ist klarer, als man bisher annahm.
Das 12. Jahrhundert bildet in ganz besonderem Maße die landschaftlichen Eigentümlichkeiten aus. Es ist nun nicht zu verwundern, wenn der in Hirsau auftretende, auf oberrheinische Tradition fußende Bau von PP in den bisher bautraditionslosen Gebieten eine gewisse Nach-
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