Cluny II und Hirsau

Da sich die Hirsauer Mönche der cluniazensischen Regel anschlossen und Abt Wilhelm seine constitutiones dem ordo cluniacensis des Mönches Bernhard von Cluny und den antiquiores monasterii des Mönches Ulrich von Cluny entnahm und für deutsche Verhältnisse umgestaltete 13 , ist in der kunsthistorischen Literatur die These auf- gekommen, daß auch baulich eine Abhängigkeit Hirsaus von Cluny bestehe 14 . Die Veröffentlichung des Grundrisses von Cluny II 15 hat wohl nun endgültig diese These widerlegt; eine erste Andeutung auf Grund der Grabungen in Cluny findet sich bei Verbeek 16 .

Der Grundriß von Cluny II liegt zunächst in dem Buch von Evans vor, dann in einem Aufsatz von Conant persönlich und schließlich in dem Werk über St. Denis von Crosby 17 . Crosby bezieht sich auf das Buch von Evans, gibt aber doch eine wichtige Abwandlung.

Der sogenannte Majolusbau wurde etwa 954 begonnen und 981 geweiht. Er konnte in allen Teilen durch Grabungen gesichert werden. Die Vorhalle im Westen war dreischiffig und besaß drei Joche, sie war etwas breiter als das Langhaus und lag querrechteckig vor diesem. Als Stützenform sind, wie im Langhaus, Rundpfeiler wahrscheinlich. Während bei Evans auf den westlichen Nebenschiffjochen Türme ver­zeichnet sind, erscheinen diese bei Conant nicht. Evans zieht als nächste Analogie Tournus (beg. 1007) heran 18 .

Das Langhaus zeigt nach Evans sieben Arkaden, welche sich über starke Rundpfeiler spannten. Nach Conant ruhte im Mittelschiff eine leicht gebrochene Längstonne auf Gurten über einem Fenstergaden. Das Nebenschiff war kreuzgratgewölbt. Die Vierungspfeiler hatten kreuzförmigen Grundriß, über der Vierung befand sich eine Kuppel.

Der Ostteil war mit dem Langhaus in gleicher Flucht dreischiffig angelegt. Das Presbyterium besaß vier Joche mit Stützenwechsel. Das Mittelschiff endete in einer tiefen, halbrunden Apsis. Crosby gibt an, daß aus dieser Apsis drei Altarnischen in Rechteckgrundriß ausge­spart waren. Den Seitenschiffen waren etwa zwei Joche lange, vom Presbyterium durch Mauern abgetrennte tiefe Räume vorgelagert, die Seitenschiffbreite aufwiesen. Den Seitenschiffen schlossen sich nach Norden und Süden hin längsrechteckige Räume an, die etwa gleiche Breite und Länge wie diese aufwiesen und nur von dem östlichen Seitenschiffjoch des Presbyteriums und den Querhausarmen aus zu­gänglich waren. Aus den Ostmauern der Überquadraten Querhausarme waren kleine Apsiden ausgespart. Außer den Seitenschiffen, die denen des Langhauses gleich gedeckt waren, nimmt Conant für den ganzen Ostbau Tonnenwölbung an. Die Maße der ganzen Anlage waren er­staunlich gering 19 .

Ein Blick auf den Hirsauer Grundriß macht die Unterschiede zwischen beiden Kirchen schnell deutlich. Wir verweisen hier nur auf die tiefe Apsis, die den Seitenschiffen vorgelegten Altarräume, die den Seiten­schiffen sich anschließenden Räume und die Wölbung. Im Außenbau sei auf die reiche Staffelung im Osten und auf die andersartige Bil­dung des Paradieses im Westen verwiesen.

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