Herkunft des Begriffes „Hirsauer Bauschule“
Der Begriff der „Hirsauer Bauschule“ ist der älteren Literatur fremd. Kugler 1 , Schnaase 2 und Otte 3 erwähnen wohl die geistige Abhängigkeit Hirsaus von Cluny, folgern aber daraus keineswegs auch eine bauliche, ln dem Werke „Die kirchliche Baukunst des Abendlandes“ 4 wird von Dehio und v. Bezold der Begriff erstmalig verwandt. Danach war die „Hirsauer Bauschule“ das erste Beispiel umfassenden Einflusses der französischen Kunst auf die deutsche. Zudem hatten nach der Meinung von Dehio und v. Bezold die Hirsauer eine Handwerkerschule, deren Mitglieder als Konversen bezeichnet wurden. Wenn die Hirsauer Mönche Klöster besiedelten oder reformierten, gingen diese als Baustab mit und errichteten die Klöster und deren Kirche nach bestimmten Baugewohnheiten.
Diese These wurde wahrscheinlich von Viollet-le-Duc übernommen, der für die Cluniazenser Frankreichs ein ganz ähnliches Programm erforscht zu haben glaubte 5 . Ihm widersprach aber bereits 1877 Anthyme Saint-Paul 6 , dem sich später auch Lasteyrie 7 anschloß.
Die deutsche kunsthistorische Literatur hat sich um diese Ergebnisse wenig gekümmert. Hager 8 und Riehl 9 nahmen für eine weitere Anzahl von Kirchenbauteri die „Hirsauer Bauschule“ in Anspruch. Baer 10 faßte das Wissen um die Schule 1897 in seinem Buche „Die Hirsauer Bauschule“ zusammen. Damit war das “Fundament gelegt, um weitere Bauten der „Hirsauer Bauschule“ zuzuweisen. Dies geschah auch in allen Publikationen, die sich mit der Architektur des ausgehenden 11. und dem 12. Jahrhundert beschäftigten.
Die erste umfassende Kritik an der These von der Existenz einer „Hirsauer Bauschule“ und zugleich deren völlige Ablehnung legte Manfred Eimer 1937 vor 11 . Edgar Lehmann 12 hat in einer Besprechung neuerer Literatur, die sich mit romanischer Architektur befaßt, kurz zu der Arbeit Eimers Stellung genommen und der völligen Ablehnung einige gewichtige Argumente entgegengestellt. In seinen Ausführungen sagt er dann: „Für eine gründliche Auseinandersetzung ist hier (in der Besprechung) nicht der Platz, doch wäre sie dringend zu wünschen, sowohl um der fruchtbaren Ansätze als auch der Fehler in Eimers Arbeit willen.“
Dies zu unternehmen soll im folgenden versucht werden.
Aufgabe der Arbeit
Die Arbeit soll sich mit dem Gesamtproblem der „Hirsauer Bauschule“ beschäftigen und nicht nur eine Verbesserung der Eimer’schen Darstellungen sein, zumal dieser den ganzen norddeutschen Komplex unbeachtet läßt. Es soll unternommen werden, alle für Hirsau in Anspruch genommenen Bauten auf ihr Verhältnis zu den Hirsauer „Gewohnheiten“, den cluniazensischen Konstitutionen und den Bauten in
7