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hat nochmals in St. Paul und St. Michael in Bamberg Aufnahme ge­funden. St. Paul zeigt heute im letzten Joch des Langhausmittelschiffes und den ihm zugeordneten Seitenschiffen Kreuzrippengewölbe, die aber erst zwischen 1367 und 1375 327 eingezogen wurden. Der chorus minor war ursprünglich flachgedeckt. Vom Pfeiler spannte sich ein Schwib­bogen zu den Seitenschiffaußenmauern. Auch diese, dem chorus minor zugeordneten Seitenschiffe sind flachgedeckt zu denken. In St. Michael wurde die flache Decke erst zwischen 1463 und 1475 durch Gewölbe ersetzt 328 . Auch in den Seitenschiffen befinden sich die Bögen von Außenwand zu Pfeiler. Hier handelt es sich aber um Gurtbögen, denn die Seitenschiffe waren an dieser Stelle kreuzgratgewölbt.

Für die Kirche zu Klosterreichenbach hat Mettler 329 ebenfalls die besprochene Anlage in Anspruch genommen. Wir müssen demgegen­über aber feststellen, daß es sich bei dem zwischen den Türmen be­findlichen Raumteil nicht um den chorus minor, sondern um den chorus maior handeln muß. Wenn es sich nämlich bei diesem Raumteil um den chorus minor handelte, so wären die Turmuntergeschosse, die als Altarräume dienten, völlig unerklärlich an dieser Stelle. Eine Zu­gangsmöglichkeit zu ihnen bestand nämlich von dem tonnengewölbten Raum und vom Langhaus her, nicht aber von dem Presbyterium aus. Dieses, das Mettler als chorus maior anspricht, hätte dann keine Ver­bindung mit den Ältarstellen in den Turmuntergeschossen gehabt, eine Tatsache, die jeder liturgischen Forderung widerspricht. Altarräume zu Seiten des chorus minor sind unbekannt. Wir haben bereits oben feststellen können, daß das Untergeschoß des südlichen Turmes als ante chorum diente, nur durch diesen Irrtum konnte Mettler 330 zu der Meinung gelangen, daß überall da, wo seiner Meinung nach Win­keltürme waren oder hätten sein sollen, sich eine Tonne über den chorus minor spannte.

Die Hirsau PP zeitlich am nächsten stehenden Kirchen finden eine andere Lösung, die Trennung zwischen Mönchs- und Laienhaus sicht­bar zu machen. Sie schließen die Mönchskirche mit einem Pfeiler ab, der chorus minor einer Säulenbasilika ist also dadurch kenntlich, daß eine andere Stützenform auftritt. Dehio 331 hat diesen Pfeiler stets als Argument für eine geplante, aber nictn ausgeführte Turmanlage ge­deutet; da sich dies nicht überall halten ließ (Kleinkomburg z. B.), wenigstens als konservativen Zug einer nun einmal gewählten Form. Da aber die Stütze der Presbyterienarkaden gleichfalls als Pfeiler ge­bildet ist, ist eher anzunehmen, daß man in der Mönchskirche den Pfeiler, in der Laienkirche aber die Säule konsequent verwandte. Welcher der Bauten diese Ablösung der Langhaussäulen durch den Pfeiler zuerst anwandte, kann nicht beurteilt werden, da sich Bau­beginn und Ausführung nicht immer decken, die drei in Frage kom­menden Kirchen aber zeitlich nahe beieinander liegen. Es handelt sich um das Allerheiligenkloster zu Schaffhausen, 1087 begonnen, 1150 aber noch nicht vollendet, die Klosterkirche zu Zwiefalten, 1089 begonnen und die Alpirsbacher Basilika, deren Gründung 1095, deren erste Weihe 1099 überliefert ist. Das Vorhandensein eines Pfeilers in Zwiefalten, der nach dem Inventar 332 sicher ist (eine Urkunde vermeldet

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