nicht anders sein, daß auch die Türme im Winkel zwischen Lang- und Querhaus schon von außen her der Betonung dieser Trennung Ausdruck verleihen sollten. Wie man in der sonstigen romanischen Architektur West- und Ostbau, die Stätten der beiden Kultzentren durch Türme auszeichnete, so erfolgt nun hier eine Betonung der Zäsur zwischen Laien- und Mönchskirche. Schon von außen her wird hierdurch die Anordnung im Innenraum deutlich, Außen- und Innenbau sagen das gleiche aus.
Diese Überlegung kann uns nur Antwort auf die Frage geben, warum man bisher vergebens nach Analogien für diese Turmstellung gesucht hat. Erst das architektonische Hervorheben des chorus minor kann sie geschaffen haben. Daß wir diese Art der Turmstellung in Frankreich nicht finden, hängt damit zusammen, weil hier der chorus minor nur in ganz vereinzelten Fällen auftaucht.
Man wird sich nun fragen, warum in Hirsau und anderen, später zu erörternden Kirchen diese Türme unterblieben. Ein Blick auf die Bauten mit architektonischer Betonung des chorus minor mag das erhellen. Mettler 319 hat eine Idealzeichnung der Hirsauer Klosterkirche anfertigen lassen, auf der neben den Westtürmen auch diese besprochenen Winkeltürme erscheinen. Ein Blick auf die Zeichnung genügt, um die Unschönheit einer solchen Anlage zu begreifen. Die Winkeltürme, die den Sinn einer Zäsur besitzen sollen, werden in ihrem Verhältnis zu den Westtürmen zu völlig unproportionierten Gebilden und wirken nicht wie dem Baukörper organisch verbunden, eher wie aufgesteckt. Ihre Bedeutung wird bis zur Unkenntlichkeit herabgemindert. Das konnte und durfte nicht dem Künstler, wie es der Meister von PP war, entsprechen. Nun haben Mettler 320 und nach ihm Fi echter 321 nachgewiesen, daß PP zunächst keine Türme im Westen haben sollte. Es kann deshalb unserer Meinung nach keinem Zweifel unterliegen, daß die Westwinkeltürme erst dann fallen gelassen wurden, als man die Westtürme in Aussicht genommen hatte. Wir sind uns bewußt, daß sich die Dinge nicht belegen lassen, immerhin aber können wir Analogien hierzu nachweisen.
In Paulinzella 322 sind uns an der Wand des Querhauses genau über den Seitenschiffaußenmauern Steinbossen erhalten, die bis zur Höhe des Querhauses hinaufreichen. Außerdem besteht das Mauerwerk zwischen diesen Bossen und der Hcchschiffwand gegen Westen nicht aus den sonst so sorgfältig gefertigten, rechteckigen Quadern, sondern aus unregelmäßig zugehauenen Steinen. Dieses Mauerwerk ist dem vom Dach der Seitenschiffe verdeckten gleich. Endlich schließt aber auch der Rundbogenfries, der auf Lisenen ruht, genau mit diesen Bossen ab. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diese Gegebenheiten auf eine ursprüngliche Verdeckung dieses Mauerteiles hinzielten, also Winkeltürme entstehen sollten. Dies erkannte bereits Dehio 323 . Wenn Schmidt 324 behauptet, diese Steinbossen seien zur Befestigung von Kranteilen vorhanden gewesen und nach Vollendung des Baues stehen geblieben, so kann das nicht unwidersprochen bleiben. Es blieben nämlich auch immer noch die anderen besprochenen Momente zu erklären übrig.
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