Chorus minor in den antiquiores consuetudines cluniacensis monasterii, die in den achtziger Jahren entstanden sind, und in den beiden anderen „Gewohnheiten“. Die erst spätere Einführung des chorus minor geht auch aus dem uns erhaltenen Denkmälerbestand hervor, denn wir kennen keinen Raum, der vor den achtziger Jahren einen architektonisch bezeichneten chorus minor gehabt hätte. Man könnte demgegenüber natürlich einwenden, daß dieser Chorteil schon früher bestanden habe, aber nur durch Schranken oder Textilien bezeichnet worden wäre. Das ist möglich. Dieser Raumteil wird derartige Vorstufen gehabt haben. Für unsere Betrachtungen ist aber die architektonische Betonung des chorus minor von Wichtigkeit. Sie tritt zuerst in Hirsau PP und dann im übrigen Deutschland auf. Die französische Architektur bildet den chorus minor nur ganz vereinzelt aus. Man könnte daraus den Schluß ziehen, daß dort die Reformidee nicht mehr so stark war, um den neuen Raumteil in das architektonische Gefüge einzubinden. Diese Lösung blieb der jüngeren Hirsauer Bewegung Vorbehalten.
Der chorus minor liegt westlich des chorus maior, der Vierung, und nimmt zumeist das östlichste Langhausjoch ein. Erstmals wird er in Hirsau PP in einer seltenen Großartigkeit faßbar. Wie bereits oben erwähnt 315 , haben die letzten Grabungen in PP seine genaue Lage und Anordnung erhellt. Wir haben in diesem Beispiel wieder die Bestätigung, wie wenig man Inneneinrichtungen aus Quellen rekonstruieren kann. Mettler 316 ordnete nämlich die Bänke im chorus minor so an, daß sie über den nun aufgedeckten Chorschranken zu stehen kämen. Der chorus minor in PP war flachgedeckt wie auch wahrscheinlich seine ihm beigeordneten Nebenschiffe.
Ein wichtiges Problem stellen in PP die verstärkten Seitenschiffmauern zu Seiten des chorus minor dar. Die in dieser Hinsicht bisher geäußerten Ansichten befassen sich fast ausnahmslos mit den tektonischen Gegebenheiten, seit Dehio waren die Pfeiler und die verstärkten Mauern Symptome beabsichtigter, nicht aber ausgeführter Turmbauten in Analogie z.i Hamersleben und anderen nordthüringischen Bauten 317 . Für die Verlegung der Glocken aus dem Vierungsturm in diese Winkeltürme fand Frankl 318 folgende Begründung: „In Hirsau ist die beabsichtigte Verlegung der Glocken in die seitlichen Osttürme wohl damit zu erklären, daß das Ziehen der Glocken an Stricken, die mitten unter die Sänger herabhingen in auffälliger, fast komischer Weise mit der sonstigen Gemessenheit und Würde der Mönche kontrastierte und störte, man muß sich nur die tänzelnd-zappelige Bewegung vergegenwärtigen, die das Glockenziehen verlangt, dieser Anblick des allzu irdischen Handhabens schädigt das geheimnisvolle Wirken des Getöns!“ Diese Argumente muten aber recht merkwürdig an, und es ist Frankl auch entgangen, daß noch heute in vielen Kirchen die Glocken aus dem Schiff bedient werden. Dabei ist das Läuten eine durchaus feierliche Handlung.
Das Turmproblem ist nur von der künstlerischen Seite zu lösen. Der Schwibbogen, der in PP Langhaus und Mönchskirche voneinander trennt, ist auch ganz sichtbar Grenze der beiden Bereiche. Es kann