hängenden Osttürmen in Augsburg und den mit dem Bau fest ver­ketteten Türmen Schwabens vorstellt, erwähnt er leider nicht. Wäre ein solcher Übergang vorhanden, müßte sich eine Entwicklungslinie aufstellen lassen.

Die schwäbischen Osttürme werden dadurch charakterisiert, daß sie in den Bau fest einbezogen sind. Sie erheben sich über dem öst­lichsten Nebenschiff joch, schließen in ihrem Untergeschoß apsidial und kommen stets paarweise vor. Wo der heutige Baubestand diese Anordnung nicht zeigt, ist ein Turm entweder später abgetragen wor­den oder aber nur geplant gewesen und nicht ausgeführt.

Will man der Entstehungsfrage näherkommen, so ist zunächst die Betrachtung der kirchlichen Baukunst Schwabens vor dem Auftreten der Osttürme notwendig. Hier treffen wir drei verschiedene Typen an 102 .

1. Die landschaftlich ungebundene Chorturmkirche 103 ,

2. die dreischiffige, querhaus- und turmlose Basilika, die nur ver­einzelt vorkommt und stets deutliche Beziehungen zu Italien aufweist 104 ,

3. die einschiffige Kirche mit anschließendem Chorhaus, neben dem ein Einzelturm im Winkel zwischen Chor und Langhaus steht, meistens auf der Nordseite.

Keiner der drei Typen ist landschaftlich gebunden, jedoch be­weist die weitgehende Verbreitung des letzteren in Schwaben seine große Beliebtheit gerade in diesem Gebiete. Wir gehen also nicht fehl, wenn wir feststellen, daß man im Schwäbischen gern den Turm östlich stellte. Es ist zu beachten, daß diese Türme noch keinen organischen Zusammenhang mit dem Chor oder dem Langhaus haben, sie sind gewissermaßen ein Zwischenglied von campanile und Ostturm im späteren Sinne. Die Verschmelzung von Turm und Kirchenbau müßte nun zeitlich an fest datierten Bauten ge­zeigt werden können. Wir haben hier wohl einen außergewöhnlich günstigen Fall vor uns, an dem wir diese Verschmelzung beobachten können. Es handelt sich um die Hirsauer Prioratskirche zu Kloster­reichenbach, deren Gründung 1082, deren Weihe 1085 vollzogen wurde 105 .

Die Kirche ist einschiffig, flachgedeckt und hat ein dem Quadrat nahekommendes Altarhaus, das in einer halbrunden, eingezogenen Apside endet. In den Winkeln zwischen Altar und Langhaus stehen Türme, die halb über die seitlichen Fluchtlinien des Langhauses vor­springen und durch Bogenöffnungen in ihren Untergeschossen mit dem Bau verbunden sind. Das Altarhaus wird dadurch um Turmbreite ver­längert, dieses .Verlängerungsstück ist tonnengewölbt. An die Unter­geschosse der Türme schließen sich östlich halbrunde Apsiden an, die Turmuntergeschosse öffnen sich gegen das Langhaus und den tonnengewölbten Raum.

Mit dieser Lösung ist ein wichtiger Schritt vollzogen worden. Der Turm bleibt weiterhin an seiner alten Stelle, nunmehr aber um ein Gegenstück vermehrt. Es ist festzustellen, daß die Ostbaulösung von

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