Pilastern an der Nord-, Ost- und Südseite, wird erweitert, da die Hirsauer mehr Ältarplätze benötigen, und zwar in der Weise, daß die Wandgliederungen tektonischen Wert erhalten und durchbrochen werden. Die bei keinem der Nachfolgebauten mehr erscheinenden drei Arkaden im Presbyterium lassen sich in Hirsau gut aus dieser Tatsache ableiten. Die drei voneinander getrennten Ältarplätze am Ostende des Presbyteriums waren bereits in der Limburger Krypta vorgebildet, wo die Kryptenaltäre durch niedrige Bailustraden voneinander getrennt wurden. Die Querhausapsiden wurden infolge der in Hirsau auftretenden Seitenschiffe an die äußeren Ecken der Querhausostseite verdrängt.
Das Teilungsprinzip im Langhaus schließt sich, wie bereits erwähnt, an die ältere Gewohnheit an. Wichtig ist dabei festzustellen, daß das chorus-minor-Joch nicht in diese Teilung einbezogen ist, sondern vielmehr im Sinne der später üblichen Aufteilung des Langhauses halbe Breite der Vierungsgrundseite aufweist. Während Limburg 3 2/3 Quadrate aufweist (mit zehn Jochen), hat Hirsau nur 2 2/3 und kommt damit der Aufteilung von St. Emmeram in Regensburg (vor 1166) gleich. Inwieweit dieser Zusammenhang von Wert für die Beziehungen zu St. Emmeram ist, mag dahingestellt bleiben. Zudem muß gesagt werden, daß bei der Messung der Quadrate bei jedem Bau meistens anders verfahren werden muß. Wichtig ist dabei nur, daß drei Arkaden auf ein Quadrat des Mittelschiffes kommen, das dann seinerseits flächengleich der Vierung ist.
Für die Vorhalle und die Westtürme kann Limburg nicht mehr als Vorbild in Anspruch genommen werden. Cluny II scheidet wegen seiner andersartigen Lösung aus, die Türme von Cluny III gehören erst dem 14. und 15. Jahrhundert an. Man wird hier wohl auf den ordo farfensis oder den Klosterplan von St. Gallen hinweisen müssen, falls nicht die Anlage in Lorsch (nach Walbe 1090) älter als Hirsau ist und somit Hirsau von Lorsch abhängig wäre. (Siehe darüber im Kapitel Vorhalle). Bei den sehr unsicheren Beweisführungen gerade im Falle Lorsch sehen wir von weiteren hypothetischen Erklärungen ab. Die Anlage der Türme mit gewölbtem, dreischiffigen Turmzwischenraum (Phase II nach Fiechter) geht sicherlich auf Limburg zurück, jedoch nicht in Bezug auf die Lage zur Kirche.
Die Gestaltung des chorus minor ist in PP erstmalig und daher ohne Vorbild.
Trotz all dieser Hinweise auf die südwestdeutsche Architektur ist der liturgische Einfluß Clunys nicht zu verkennen. Als Bau der Reform weist PP die Eigentümlichkeiten auf, die in den „Gewohnheiten“ gefordert werden. Bei der Verteilung der Altarplätze folgt PP Cluny II. Drei Altäre werden hinter dem Hochaltar untergebracht, vier (in Cluny II nur zwei) in den Presbyterienseitenschiffen und je einer in den Querhausostapsiden. Auch die Errichtung eines chorus maior und minor gehen auf die cluniazensischen „Gewohnheiten“ zurück, wobei zu berücksichtigen ist, daß der chorus minor in den Quellen Clunys erwähnt wird, seine architektonische Ausgestaltung aber nicht nachweisbar ist.