wichtige Merkmale. Wir werden desham die Bauten von Alpirsbach, Paulinzella und Maulbronn zu Rate ziehen. Alpirsbach erscheint uns deshalb von Wichtigkeit, weil hier das Verhältnis von Höhe zu Breite des Mittelschiffes ganz im Sinne Hirsauer Bauten zum Ausdruck kommt, und außerdem die Presbyterienbühne und die flache Decke vorhanden ist. Paulinzella zeigt die Hirsauer Wand mit ihrer Gliederung in bester Weise, die Vorhalle kann auch in ihrem ruinösen Zustande noch den Gedanken derselben anzeigen. Schließlich ist uns in Maulbronn ein Beispiel zugänglich, in dem die Hirsauer Wand mit dem Raum in Verbindung steht und eine Schranke erhalten ist. Auf diese Art und Weise können wir uns eine gewisse Vorstellung von der Wirkung des Raumes in PP machen, wenngleich verschiedene Bauten herangezogen werden. Diese Fehlerquelle erscheint uns weniger gefährlich, als mit Rekonstruktionen und Abbildungen zu arbeiten.
Die erste Frage lautet: Welchen kultischen Zweck hatten diese Bauten zu erfüllen? Wir wissen, daß Mönchs- und Laienkirche durch eine Schranke voneinander getrennt waren, daß sich im Mönchschor ein Hochaltar befand, dem im Laienhause der Kreuzaltar entsprach. Wir wissen ferner, daß die Prozessionen, von außen kommend, in der Vorhalle beendet werden. Darauf weist auch der Name Galiläa hin, wie die Vorhalle in den „Gewohnheiten“ genannt wird. Denn in Galiläa erschien der Herr seinen Jüngern zum letzten Male (Mettler 1910/11, S. 13). Nach Beendigung der Prozession stellten sich die Mönche in der Vorhalle in der Weise auf, wie sie im Chor saßen. Dann zogen sie in die Kirche ein. Diese Tatsache weist klar darauf hin, daß die Mönche keineswegs in geschlossenem Zug den Chor vom Westen her erreichten, sondern daß die einzelnen Gruppen getrennt ihren Platz aufsuchten. Andernfalls wäre diese Aufstellung unverständlich. Nur zwischen Ostern und Pfingsten wurde der Prozession noch die Station am Kreuzaltar angehängt. Der „Weg“, der nach Lehmann durch das „Tor“, die Doppelturmfassade, zurückgelegt wurde, wurde also, jedenfalls in dieser Weise überhaupt nicht beschritten. Vielmehr war die Vorhalle ebenso Kultzentrum wie der Ostteil und das Laienhaus und nicht Durchgang. Hieraus ergibt sich zweierlei. Erstens zielte die Richtung in der Kirche selbst auf zwei Zentren, auf den Hoch- und den Kreuzaltar, und zwar in der Weise, daß dem Konvent der Kreuzaltar unsichtbar blieb, der Laiengemeinde aber der Hochaltar. Zweitens wird der „Weg“ überhaupt nicht in der Weise beschritten wie er vom heutigen Menschen beschritten wird und auch teilweise, infolge Entfernung der Schranken gesehen werden kann, nämlich vom Westeingang nach Osten hin. Es ergäbe sich dadurch rein kultisch, will man den oben angeführten Thesen folgen, die merkwürdige Tatsache, daß die Kirche in einer Richtung doppelt gerichtet ist, ohne daß beide Richtungszentren erfaßt werden können, und daß zweitens ein „Weg“ vorhanden wäre, der gar nicht in dieser Weise beschritten wird. Dies ist aber unmöglich.
Aber auch die Architektur soll zu Rate gezogen werden. Die Hirsauer Wand ist steil und nur in ihrem unteren Teil durch die sogenannte Arkadenrahmung belebt. Die Profile der Rahmenglieder sind völlig
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