neten Anlage begegnen wir auch in St. Ulrich in Sangerhausen, wo Beziehungen zu Frankreich bestanden, wie das Querschiff zu erkennen gibt. Auch hier sind die Arkadenwände nahe aneinandergerückt (bis auf 5,48 m, in Neckarthailfingen 4,35 m). Die Höhenproportionen werden dadurch weit über 1 : 2 gesteigert 435 , in Neckarthailfingen auf 1 : 2,64 (1). Hier kommt deutlich zum Ausdruck, daß man die Höhe nicht ohne Schaden unbegrenzt steigern kann. Das souveräne Aufgipfeln in Alpirsbach wirkt bei einer weiteren Erhöhung beängstigend und unangenehm. Diese Empfindung muß auch den Architekten bewußt geworden sein, denn im 12. Jahrhundert ist kein weiteres Anwachsen der Höhenproportionen mehr zu bemerken. Das Ebenmaß um 1:2 wird bevorzugt. So können wir das bei Bauten aus dem Kreise Ottos von Bamberg wie Prüfening, dem davon abhängigen Biburg und auch Aura feststellen ,die alle das Verhältnis 1 : 2 aufweisen, in ähnlicher Weise St. Jakob in Bamberg 436 und Heidenheim a. d. Brenz mit 1 : 1,8. Dieses harmonische Verhältnis von Mittelschiffbreite zu Höhe zeigen schließlich auch die anderen fränkischen und oberpfälzischen Bauten St. Jakob und St. Burchard in Würzburg, Reichenbach a. R. (alle 1 : 2), Kastl (1 : 1,7) und Plankstetten (1 : 1,87).
In Sachsen scheinen zwei Richtungen nebeneinander zu gehen. So weist Quedlinburg noch das altertümliche Verhältnis von 1 : 1,5 auf, das gleiche also, wie schon oben erwähnt Drübeck und Groningen. Eine Steigerung erfahren die Höhenproportionen in Paulinzella, dessen Beziehungen zu Hirsau und damit zum Oberrhein schon mehrfach Gegenstand unserer Betrachtungen waren mit 1 : 2,2; Erfurt nach Rekonstruktionen von Becker 437 etwa im gleichen Verhältnis, St. Godehard in Hildesheim mit 1 : 2,1 und endlich Hamersleben, zeitlich früher als Hildesheim mit 1 : 2,4, womit die Höhenproportionen von Murbacb um ein wenig übertroffen werden. Es kann kein Zweifel sein, daß sich in diesen starken Streckungen des Mittelschiffraumes Einflüsse aus dem südwestdeutschen Kunstkreise bemerkbar machen, wie ja gerade in Sachsen die beiden Strömungen deutlich erweisen.
Daß am Oberrhein und den davon beeinflußten Kirchen tatsächlich auch die Höhenproportionen wachsen, ohne mit den Reformbauten in Berührung gekommen zu sein, zeigen Bauten wie Mainz 1 : 2, Maria Laach 1 : 2 und vor allen Dingen das bereits erwähnte Speyer II. Auch anderenorts ist eine Streckung des Mittelschiffraumes zu bemerken, so etwa in Ilbenstadt (1 : 2) 438 und Schiffenberq bei Gießen 1 : 2 , 1 439 .
Wir können also feststellen, daß die Steigerung der Höhenproportionen zunächst Eigentümlichkeit einer Bautengruppe am Oberrhein ist, dann aber sich über alle Kunstkreise verbreitet, allerdings oftmals mit Hilfe der Reformbewegung, was wichtig ist festzustellen. Eine ganz ähnliche, vom Oberrhein unabhängige Steigerung der Höhenproportionen kann man am Niederrhein feststellen.
Will man aus dem Ergebnis für unsere Fragestellung Nutzen ziehen, so ergibt sich, daß zwar dem Raum der Reformbauten der Höhendrang des Mittelschiffes eigentümlich ist, ohne sein Privileg zu sein. Danach ist die Behauptung, ein besonders steiler Raum sei hirsauisch
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