Schließlich zeigt auch die Liebfrauenkirche in Halberstadt Winkel­türme. Die Anlage fällt deswegen aus unseren Betrachtungen heraus, da es sich hier nicht, wie bei den bisher besprochenen Kirchen um eine Säulen-, sondern um eine Pfeilerbasilika handelt. Außerdem öffnen sich auch die Turmuntergeschosse nicht gegen Seitenschiff und Lang­haus. Im letzten Langhausjoch ist eine Erhöhung um acht Stufen vor­handen, sodaß der ganze Ostteil um ein beträchtliches erhöht wird. Da all diese Umstände nicht auf Lösung unserer Fragestellung hin­zielen, sehen wir von einer weiteren Betrachtung ab. Haiberstadt- Liebfrauen war Kollegiatsstift, Bindungen zu Hirsau lassen sich nicht nachweisen. Ebenso gehört die Kirche zu Holzzelle in den Kreis der von Hamersleben beeinflußten Kirchen. Wie Größler 310 nachweisen konnte, hatte sie kein Querhaus, Türme befanden sich an der Grenze zwischen Laien- und Mönchskirche. Diese öffneten sich in ihren Untergeschossen gegen Mittel- und Seitenschiff.

Eine letzte Kirche, die Winkeltürme besitzt, ihre Turmuntergeschosse aber nicht gegen die anschließenden Raumteile öffnet und wie Halber­stadt und Holzzelle Pfeiler besitzt, ist die Basilika zu Talbürgel. Trotzdem sie manche verwandte Züge zu Paulinzella aufweist, ist doch ihre sonstige Anordnung so von den von uns zu behandelnden Kirchen unterschieden, daß wir hier von einer weiteren Betrachtung Abstand nehmen können 3 * 1 .

Völlig singulär ist die Lösung in St. Peter zu Erfurt. Da es sich hier um eine Pfeilerbasilika handelt, unterscheidet sie sich schon in diesem Punkte von den bisher genannten. Die Trennungspfeiler sind besonders mächtig gebildet, außerdem spannte sich wie in PP ein Schwibbogen zwischen ihnen. Der Chorus minor umfaßte nicht wie sonst, eine Arkade, sondern zwei, war also dem chorus maior an Raumausdehnung gleich. Dadurch wurde aber das Langhaus nicht beengt, da der Bau, auch das ist einzigartig unter den von uns zu be­sprechenden Bauten, zehn Arkaden aufweist. Die dem chorus minor zugeordneten Seitenschiffjoche waren tonnengewölbt, während der chorus minor flache Decke zeigte. Ob sich von dem chorus-minor- Pfeiler Bögen zu den Seitenschiffmauern spannten, läßt das Inventar 312 offen. Da auch die dem Langhaus zugeordneten Seitenschiffe tonnen­gewölbt waren, möchten wir eher annehmen, daß keine Bögen vor­handen waren. Die Türme stehen hier am Ostende der Kirche. Die in Erfurt in gleichen Abständen hintereinander liegenden Schwibbögen von chorus minor, Vierung und Ostapsis müssen von einer eindring­lichen Großartigkeit gewesen sein, die wohl selbst die Anlage in Hirsau übertroffen haben muß, da in PP der Schwibbogen des chorus minor näher an den westlichen Vierungsbogen herangerückt war.

Auch stützenwechselnde Basiliken haben die Möglichkeit den chorus minor architektonisch hervorzuheben. Während bei gewöhnlichen Basi­liken mit Stützenwechsel die östlichste Langhausstütze als Säule ge­bildet ist, haben diejenigen Bauten, die den chorus minor auszeichnen wollen, hier einen Pfeiler. Der Pfeiler als Trennungsglied zwischen Laien- und Mönchskirche bleibt also auch bei andersartiger Stützen-

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