schiedenen Hypothesen Anlaß gegeben. Nach Dehlinger 301 war das
Die Ursache des Fehlens einer Krypta bei den Hirsauern hat zu ver- Äufgeben der Krypta durch die Verlegung des Chores in die Vierung bedingt. Hätte man nämlich bei den Hirsauer Bauten die Krypta beibehalten, so hätte das erhöhte Presbyterium notwendigerweise nur durch Stufen erreicht werden können. Diese hätten sich aber im Chor störend bemerkbar gemacht. Diesen Argumenten ist allein schon die Anlage auf dem Plan von St. Gallen entgegenzuhalten, wo der in der Vierung befindliche „chorus psallentium“ und eine Krypta zusammen auftreten. Ostendorf 302 meint, der sich immer mehr vergrößernde Chor habe schließlich zur Abschaffung der Krypta geführt, die drei hinter dem Hauptaltar befindlichen Altäre seien gewissermaßen aus ihr heraufgeholt worden. So verlockend diese These auch ist, so sehr muß man doch berücksichtigen, daß ein Altar in der Krypta nicht ohne bedeutsamen Wandel, Änderungen bestimmter Vorstellungen, aus dieser entfernt und hinter dem Hochaltar aufgestellt werden kann, die Krypta aber selbst fortgelassen. Zudem hat Mettler 303 nachgewiesen, daß die drei hinter dem Hauptaltar stehenden Altäre zur Feier der Frühmesse benutzt wurden. Also auch die Aufgabe dieser Altäre unterscheidet sich von der der Kryptenaltäre. Solange uns nicht schriftliche Quellen der Zeit darüber Aufklärung verschaffen, warum die Krypten nicht mehr zur Anwendung kamen, werden wir immer nur Vermutungen aussprechen können. Auch ein Hinweis auf die altchristliche Bauweise, die eine Krypta noch nicht nötig hatte 297 , kann nur hypothetischen Charakters sein. Rein räumliche Momente können unseres Erachtens in einem so wichtigen Punkte nicht maßgeblich gewesen sein. Vielmehr dürfte die asketische Geisteshaltung der Reformer dem Reliquienkult — denn hierfür dienten die Krypten — anders gegenübergestanden haben. Gantner 304 teilt in diesem Zusammenhang mit, daß die Reliquien in Prunksärgen am Hochaltar untergebracht waren.
Dadurch, daß die Krypta in Fortfall kam, ergaben sich für die Ostbaudisposition neue Aspekte, die aber nicht so einschneidend waren, als es nämlich auch Kirchen gab, deren Krypten so tief lagen, daß die Niveauerhöhung nur unwesentlich war 305 . Rein künstlerisch war hier keine durchgreifende Neuerung notwendig. Der heutige Eindruck einer kryptenlosen Kirche, die einen ungehinderten Durchblick bis in den Ostbau ermöglicht, entspricht nicht mehr den ursprünglichen Gegebenheiten. Die Chorschranken hemmten den Blick ebenso wie früher die hohen Stufen zum Chor und die dazu gehörenden Aufbauten. Wir werden auf diese 'Frage weiter unten zurückkommen.
Von den für Hirsau in Anspruch genommenen Kirchen sind nun ein paar mit Krypten ausgestattet. Es wird aber leicht nachzuweisen sein, daß gerade diese Bauten dadurch endgültig bezeugen, daß sie von Hirsau unabhängig sind.
Da die Krypten von Hirsau St. A., Würzburg-St. Burchard, Bam- berg-St. Jakob und Muri auf die Zeit vor Hirsau zurückgehen 306 , sind sie für unsere Fragestellung in diesem Punkte bedeutungslos. Die Krypta in Petershausen wurde durch den Bischof Gebhard III. von Konstanz exekriert 307 . Die Martinskirche in Sindelfingen wurde bereits
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