vor. Den Wein lassen sich die reichen Bauern hauptsächlich schmecken, hingegen müssen sich die ärmeren mit Bier und Branntwein begnügen lassen. Wie ihre Nahrung und Kleidung, so zeugt auch ihre übrige Lebensart von keiner grofienVersdiwendung. Ein mit allerlei Farben angemalter Kasten und Trog (von Truhe = hölzerne Kiste), ein Tisch und einige Stühle von Ahorn oder Birkenholz, ein Spiegel, oft kaum einer Hand groß, sind alle ihre Möbel. Eine Bettstätte von Tannenholz, in der ein Büschel Stroh und häufig nur ein Sack mit Haberspreu gefüllt, ist ihr Nachtlager.“
Die Ansprüche sind im Lauf von 100 Jahren andere geworden: auf Rösten mit Matratzen oder weichen Unterbetten schläft man besser als auf dem „Helmensack“; der Wein ist auch für die „Aermeren“ gewachsen. Die Auserwählte will statt der hölzernen Kiste ein Büfett mit Kredenz, zur Toilette ist ein Waschtisch und zum Ankleiden ein Spiegelschrank unentbehrlich. Einen Spiegel von Handgröße oder wenigstens Bruchstücke davon trägt jeder kleine Raritätensammler in der Tasche.
ln 100 Jahren werden sich unsere Ansprüche vielleicht ebenso bescheiden anhören. Durch die Ueberbrückung von Raum und Zeit wird der Schwarzwaldbewohner immer mehr von seiner Eigenart verlieren. Die alten Trachten sind zum größten Teil verschwunden. Der Einfluß der Mode dringt auch in die hintersten Winkel.
Sitten und Gebräuche
Der Hang zum Althergebrachten, Ererbten äußert sich nodi am stärksten in Sitte und Brauch. Denkwürdige Tage werden zum Teil im Kreise der Familie, zum Teil unter Anteilnahme der ganzen Einwohnerschaft feierlich begangen.
Wenn der kleine Erdenbürger das Licht der Welt erblickt, wird er nach etwa 14 Tagen zur Taufe in die Kirche getragen. Schließt sich die Taufe an den Vormittagsgottesdienst an, so geht der „Kindsvatter“ und der „Döte“ vorher in die Kirche und die Hebamme oder die ..Dote“ tragen das Kind nach dem Gottesdienst zur Taufe. Während der Ankömmling in die kirchlidie Gemeinschaft aufgenommen wird, bereitet eine in der Kochkunst erfahrene Person zu Hause den Taufschmaus. Auf dem Gang zur Kirdie nehmen sich Kinder ab und zu die Freiheit, den Taufzug aufzuhalten und geben den Weg erst wieder frei, nachdem sie einige Pfennige erhalten haben. Um zu einem Tauftrunk zu kommen, wird von jungen Bursdien „zur Täufe geschossen“. Die Mutter, die an der kirchlichen Handlung nicht teilnimmt, soll das Haus erst verlassen, nachdem sic als ersten Ausgang den Weg in die Kirche gemacht hat.
Die Konfirmation bildet einen Höhepunkt im kirchlichen Leben der Gemeinde. Die Knaben stellen am Eingang der Kirche und des Schulhauses Tannenbäumchen auf, die Mädchen schmücken das Innere des Gotteshauses mit Blumen. Kränzen und Girlanden. Festlich gekleidet gehen sic am Konfirmationssonntag vom Schulliaus gemeinsam zur Kirche. Nachdem der sonntägliche Gottesdienst zu Ende ist, beginnt mit einem gemeinsamen Gesang die heilige Handlung. Am Schluß folgt die feierliche Einsegnung.
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