Ueber den Figurenfries des südlichen TurmS erhielt man die erste Kenntnis durch die oben beschriebenen zwei Fund­stücke. Demnach war der südliche Turm ähnlich geziert wie der nördliche. Der Bildstein, mit der Hinteren Hälfte eines Löwen, zeigt genau die Formen der Löwen des Eulenturms. Anders verhält es sich mit dem größeren Bildstein, der eine halbknieende menschliche Gestalt zeigt. Dieselbe I unterscheidet sich deutlich von den Laienbrüdern am Eulenturm, durch die Bartlosigkeit und das Fehlen der Ordenstracht.

Als Tragfigur konnte der hier dargestellte Mann nicht gedacht sein. Betrachten wir die im Ellbogen kräftig abge­beugten Arme und die um die Last gespreizten Finger, des Laienbruders auf der Südseite des Eulenturms und vergleichen damit den ziemlich geraden Arm und die flach emporgestreckten Finger der Figur des aufgefundenen Steins, so können wir nicht an die Verrichtung der gleichen Arbeit denken. Zudem ist der Rücken dieser Figur auffallend stark gekrümmt und der Kopf dabei zurückgeworfen, was bei dem Heben einer Last nicht zusammentrifft.

Wegen dem Fehlen der Ordenstracht haben wir es hier weder mit einem Mönch, noch mit einem Laienbruder zu tun. Ich halte diese Figur für einen Novizen i). Bekanntlich be­hielten die Novizen bis zur Beendigung ihrer Probezeit daS weltliche Kleid bei, erhielten auch die Tonsur nicht, vor ihrer Aufnahme in den Ordensverband. Rätselhaft erscheint nun aber die unnatürliche Stellung dieses Mannes: Die Hände wie betend nach oben gestreckt, das Haupt acht Ccntimeter über den gekrümmten Rücken zurückgebeugt, die Beine halb- knieend.

In den, von Abt Wilhelm verfaßten Constit. Hirsaug. wird im 4. Kapitel eine von Cluny übernommene Verbeugung beschrieben, welche die Novizen mit großem Eifer üben mußten, da sie bei den verschiedensten Anlässen zur Anwendung kam.

*) Lin angehencler Mönch wShrenä äer Probezeit.

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