Wer Hirsau einmal im wörtlichen Sinne erwandert hat, vom Welzberg oder ober­halb der geheimnisumwitterten Bruderhöhle herab die lebendige Landkarte des Ortes namens Hirsau erschaute, auch derjenige, der auf Straße oder Schiene den schmalen Talsohlen folgend Hirsau erreichte, alle zusammen werden heute noch dem durchaus romantischen und originellen Bild des Sonntagsschriftstellers Meiners folgen können. Wem ist nicht der Name des Eulenturmes, der Klosterruine, des Schlosses und neuerdings derjenige von St. Aurelius vertraut? Wer wüßte es nicht, daß hier einmal »Geschichte« gemacht wurde und fühlte sich deshalb nicht auf historischem Boden?

Aber allzuleicht ist der Mensch von heute versucht, diese fernen Zeiten auf sich beruhen zu lassen. Bis er plötzlich in dem kühlen Dämmer von St. Aurelius oder im Angesicht der Trümmer des Kreuzgangs etwas von dem zu verspüren glaubt, was man den Hauch der Geschichte nennt. Generationen haben sich um die Er­forschung dessen, was hier geschah, gemüht eine kleine und ausgesuchte Liste der Forscher findet sich zum Schluß des Bändchens, indem sie die verschiedensten Zeitabschnitte rekonstruierten: mystische Züge verlieh ein romantischer Maler der romanischen Peterskirche, schwere, gedrungene Säulen, durch stämmige Wölbungen verbunden, streben zur Holzdecke an runden Lichtfenstern vorüber, in weiter Ferne thront hinter Vorhallen über dem Altar der Leib des Herrn. Unsere Zeit ist sach­licher, sie erkannte durch exakte Messungen verborgene Gesetzmäßigkeiten, die im feinen Wechselspiel von Gottesdienst und Architektur gründen, sie stellte Ver­gleiche an, wohin die Anregungen, die damit gegeben waren, ausstrahlten. Doch Maße und Zahlen allein bieten nur dem Eingeweihten eine zureichende Vorstellung dessen, wie einer der größten romanischen Kirchenbauten auf deutschem Boden ausgesehen hatte. Wir bedürfen nach wie vor der Sichtweisen vergangener Genera­tionen, die aus dem einen erhaltenen Turm, der spätgotischen Marienkapelle und dem weiten Ruinenfeld ein Ganzes dachten und erblickten. Sie hatten noch den unschätzbaren Vorteil, auf manche bildnerischen Zeugnisse aus der Zeit nach 1692, da Melacs Sturm über das Nagoldtal hinwegbrauste, zurückgreifen zu können, die aus eigener Anschauung Stufe um Stufe des Verfalls festhielten.