In seiner Schwäbischen Chronik von 1596 sagt Martin Crusius bei der Beschreibung des Dorfes Merklingen folgendes: 15 ) „Ehedessen hatte Erkinger von Merklingen der große Tyrann (dann dieses Tituls bediente er sich) Liebenzell Stadt und Schloß bey dem Zeller Bad an der Nagold inne. Der Markgraf von Baden wollte ihn mit Krieg überziehen, war ihm aber zu schwach, deßwegen ruffte er Pfalzgrafen Rudolphen (gemeint ist Ruprecht) zu Hülf. Diese nahmen gesamter Hand Liebenzell ein und stürzten den Tyrannen von dem noch jetzo stehenden sehr hohen Schloßthurm herab."
Den 5. August 1357 schlossen Pfalzgraf Ruprecht und Graf Eberhard von Württemberg ein Schutz- und Trutzbündnis zu Liebenzell auf dem Felde ab. 16 ) Es könnte daher um jene Zeit dort ein Kampf durchgeführt worden sein, über den wir nicht näher unterrichtet sind. Dieser könnte aber Erkinger und den Waldeckern gegolten haben. Auf Tötung oder Gefangennahme der letzteren, die geflüchtet waren, setzten ja gerade diese Fürsten 1358 einen Preis aus. 17 ) Eine zufällige Notiz aus einer Eßlinger Urkunde (von 1363) mag hier noch Erwähnung finden. 18 ) Bei der Verhandlung über Erbgüter einer Eßlinger Bürgersfrau ist hervorgehoben, sie habe das fragliche Erbe lange nach ihres Mannes Tod — „der vor Lyebencelle lyb- los wart“ — erhalten, (lyblos = leiblos, tot). Ein Eßlinger Bürger fand demnach, wohl etliche Jahre vor 1363 den Tod vor Liebenzell. Ob im Kampf, in der Gefolgschaft des Grafen Eberhard, der dort auf dem Felde etwa um jene Zeit einen Vertrag abschloß, wissen wir nicht. Die an sich dunkle Notiz wäre aber in diesem Zusammenhang verständlich.
In diesen kurzen Angaben dürfte der historische Kern der Erkingersage zu suchen sein. Alles übrige, was sich im Laufe der Jahrhunderte an diese Raubrittergestalt angehängt hat, ist als phantastisches Beiwerk abzulehnen. Auch die riesenhafte Körpergröße Erkingers ist in Frage
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