„Du grünes Tal, sjo still und schön.. , tt /
Hofprediger Frommel iibei Bad Liebenzell vor 60 Jabren ' f
Bad Liebenzell. Emil Frommel, geboren 1828 in Karlsruhe/B., gestorben 1896 in Plön/ Holstein, Hofprediger in Berlin und gleichzeitig einer der meistgelesenen christlichen Völksschrift- steller seiner Epoche, verbrachte seine Sommerferien oft und gern im Schwarzwald. Anfang der neunziger Jahre, als sein Sohn in Tübingen studierte, war er auch einmal in Bad Liebenzell im „Unteren ßad“ zur KUr. Wenngleich er zwar auf die Frage: „Nicht wahr, unser Liebenzell ist schön?“ geantwortet hat: „Nu ja, es ist halt so a Bäd’le“, so muß es ihm in diesem „Bäd’le“, im „grünen Tal so still und schön ...“, doch , sehr gut gefallen haben, das beweisen die begeisterten Worte, die er über das „Städtchen“ geschrieben hat und aus denen wir allerlei Wissenswertes über unser „Liebenzell vor 60 Jahren? erfahren. Manches hat sich inzwischen gewandelt, vor allem ist das „stille Tal“ sehr lebhaft geworden, geblieben aber ist unverändert die Schönheit "aer Natur.
„Es ist ein wunderbares Ding“, schreibt Frommel, „um solch ein Gebirgstal wie das, in dem Liebenzell liegt ... Fast senkrecht über dem Spiegel der Nagold streben Tannen turmhoch empor. Das sind die Tannen, die Freil grath in den „Auswanderern“ erwähnt, die Schwarzwald-, tarnten. Hier sind sie zu Hause. Poesie auf allen Seiten um dieses paradiesische Fleckchen Erde, das man einfach ins Herz schließen muß.“
Mit schwärmerischen Worten schildert er einen Spaziergang zur Emstmühler Platte und — realistischer — eine Wanderung „einen der Berge hinan nach dem nächsten Dorfe ... Der Morgenkaffee im Gasthaus des Dorfes war sehr erquicklich; aber nicht erquicklich waren die Tausende von Fliegen, die im Gastzimmer schwirrten. Seltsam, unten in Liebenzell kannte man die Plage nicht.“
Frommel war ein passionierter Angler, und so galt sein Hauptinteresse dem „Angeln der Forellen in der Nagold“. Wir lassen ihn selbst darüber ’ erzählen: „Man löst eine Angelkarte für 1.— Mark, 1 und die Kunst beginnt. Aber nur wenige ver- . stehen sie. Ein Engländer, ebenfalls Gast im : „Unteren Bad“, angelte vier- Wochen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Er wollte und I mußte eine Forelle „erwischen“, aber das gelang ihm nicht. Endlich fing er an einem besonderen Glückstage zwei kle ne Dinger, ich glaube, man ) nennt die Sorte „Kressen“. Entzückt brachte er sie der Frau Koch. Die brave Wirtin ließ sie' sieden, legte sie auf die größte Fischschüssel, die r sie hatte, genau in die Mitte, garnierte sie mit krauser Petersilie und ließ sie auftragen. Freudestrahlend verspeiste sie der Sohn Albions.... In Liebenzell habe ich zuerst einen Fischer mit einem Wurf netz fischen sehen; der Erfolg war, erstaunl di. Der Fischer fischte übrigens nur gelegentlich. Im Hauptberuf war er Sandfischer; er i schöpfte aus dem Flusse den roten Porphyrsand, »den dort die Berge reichlich abgeben. Dieser; Sand wird zu Stückarbeiten verwendet und wurde! damals mit 20.— Mark das Raummeter bezahlt.“' Soweit Emil Frommel über die Nagold-Sandfischerei, d e ja heute nur noch „historische Bedeutung“ hat. Er machte dann noch einige kurze Bemerkungen über die „lange, verwickelte Ge- ' schichte der Stadt“ und schreibt u. a. vom Turm ; der Burgruine: ... „Auf seinen höchsten Zinnen ( wachsen seltsamerweise viele kle ne Stachelbeer- ' sträucher, die sogar reichlich Früchte tragen.“ 'Seinen Ferienbrief beendet er mit einer Feststellung von unveränderlicher Gültigke t: „Im ganzen westlichen Schwaben und in den Nachbar- gebieten von Schwaben ist Liebenzell bekannt und beliebt und im Sommer einer der meist- besuchten Ausflugsorte“.