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Massregeln zur Einschränkung oder Aufhebung der Flösserei. Schlusswort.
Die wenigen in Höfen, Neuenbürg, Wörnersberg, Spielberg, Walddorf und Unterreichenbach ansässigen Flösser, Holzpolterer und Wiedenmacher, die sich nur zeitweise mit dem Flossbetrieb und den damit zusammenhängenden Nebenarbeiten abgeben, können für die kurze Zeit, während welcher sie in ihrem Berufe noch thätig zu sein pflegen, mit Leichtigkeit anderweitige Beschäftigung als Holzhauer, land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und teilweise als Arbeiter in Sägwerken und Fabriken finden. Dagegen werden sich die Nachteile für die 7 in Enzthal-Gompelscheuer, für die 41 in Calmbach und für die 9 in Erzgrube beim Flössereibetrieb beschäftigten Personen empfindlicher fühlbar machen.
Bei der stark entwickelten Sägindustrie des Enzthals wäre indessen auch weder im Enzthal noch in Calmbach Not zu befürchten, umsoweniger, als sich unter den 41 in Calmbach aufgeführten Flössem etwa 8—10 befinden, die zugleich Schiffer und Holzhändler sind und in guten Verhältnissen leben. Für die übrigen Flösser in Calmbach, sowie für diejenigen in Erzgrube ist übrigens die Frage nach anderweitiger Beschäftigungsgelegenheit nicht brennend, weil die Zeit der Aufhebung ja noch gar nicht gekommen ist. Da der Abbröckelungsprozess bei der Flösserei allmählig weiter schreitet, wird ihr der eine oder andere der heutigen Flösser den Rücken kehren; an Stelle alter, arbeitsunfähiger Flösser werden jüngere Kräfte in geringerer Anzahl treten und die wenigen, mit Holzriesen, Holzpoltem und Holzverladen vollständig vertrauten Flösser werden später auch bei veränderten Verfrachtungsarten ihr Auskommen finden.
2. In Baden.
Die Flössereigenossenschaft in Pforzheim, in welchem Orte allein noch badische Flösser ansässig sind, bestand im Jahre 1894, wie oben erwähnt, noch aus 11 Mitgliedern im Alter von 52 bis 79 Jahren. Vier dieser Mitglieder übten das Flössereigewerbe nicht mehr aus, teils aus Altersund Gesundheitsrücksichten, teils weil sie im Dienst der Stadtgemeinde Pforzheim und der Genossenschaft selbst Nebeneinkommen beziehen (1 als Waldhüter 800 M., 1 als Feldhüter 700 M., 1 als Kuhführer 240 M. und 1 als Rechner der Flössereiwitwenkasse 400 M.). Von den 11 Mitgliedern sind nur 2 ohne Vermögen, die übrigen treiben neben der Flösserei, oder ihren Dienstobliegenheiten bei der Stadt oder der Genossenschaft, Landwirtschaft mit eigenen oder Pachtgütern in eigenen Behausungen. Ausserdem arbeiten einzelne Flösser noch im Taglohn beim Flössereibetrieb durch auswärtige Flösser, sowie bei Räumungsarbeiten durch die Wasserbauverwaltung.
Durch Aufhebung der Flösserei käme sonach für 7 Flösser der seitherige Verdienst beim Flössereigeschäft in Wegfall; 2 derselben beziehen Gehalte (240 hezw. 400 M.), 1 ist vermögenslos, die übrigen haben ein leidliches Auskommen. An anderweitigem Verdienst als Ersatz für diesen Ausfall wird es in Pforzheim selbst, in den Sägwerken, bei Waldarbeiten u. dergl. nicht fehlen. Das meist aus Beitrittsgeldern und sonstigen Taxen erwachsene Genossenschaftsvermögen hat zur Zeit einen Wert von 1937 M. in verpachteten Liegenschaften angelegt; das Pachterträgnis wird alle 3 Jahre unter die Flösser verteilt. Die Zinsen der „Karl-Friedrich-Stiftung“ reichen aus, um den Witwen und Waisen und später auch den noch lebenden Flössern recht ansehnliche Unterstützungen zu gewähren; ausserdem verbleiben alljährlich noch Ueberschüsse an Erträgnissen zur Verteilung an bedürftige Genossenschaftsmitglieder.
III. Schlusswort.
Die vorstehenden umfangreichen Erhebungen wurden angestellt, um eine möglichst sichere Grundlage für eine sachliche Beurteilung der Flössereifrage im Enz- und Nagoldgebiet zu gewinnen.
Wer diese Ausführungen ohne Voreingenommenheit prüft, wird sich der Erkenntnis nicht ver- schliessen können, dass hier vielseitige Interessen hereinspielen, die sich gegenseitig schroff gegenüberstehen und unmöglich miteinander in Einklang zu bringen sind.
Die Staatsverwaltung wird weder der einen, noch der andern Interessengruppe unbedingte Heeresfolge leisten dürfen, ihre Aufgabe wird es vielmehr sein, vermittelnd einzugreifen und insbesondere solche Massnahmen zu vermeiden, welche jenen mehr Schaden bringen, als sie diesen nützen. Dabei wird es sieb empfehlen, schrittweise vorzugehen und die Flösserei zunächst nur in dem Masse einzuschränken, als hinreichender Ersatz durch andere Verkehrsmittel geboten wird.