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Hydrographie. Beschreibung einzelner Flussgebiete, Enz-Nagold.

Wasserbenützung.

Zu Zwecken der Wasserversorgung von Ortschaften werden zurZeit weder die Flusswasser der Enz, noch die der Nagold, sondern nur die am Fuss der Thalhänge oder in Seitenthälern ent­springenden Quellwasser benützt. Dagegen treiben die Enzwasser das Pumpwerk der grossen Schwarzwaldwasserversorgung bei der Kälbermühle und dasjenige der Gemeinde Birkenfeld, die Nagoldwasser aber das Pumpwerk der badischen Gemeinde Huchenfeld. Die Stauwehre dieser 3 Pumpwerke sind in den Yerzeichnissen der Stauvorrichtungen und' der bestehenden Wassertrieb­werke aufgenommen. Die Stadtgemeinde Pforzheim beabsichtigt, ihren Trink- und Brauchwasser­bedarf dem Grundwasserstrom der Enz unterhalb der Stadt zu entnehmen.

Die Benützung der Flusswasser zu gewerblichen Zwecken, bei der Papier- und Holz- stofffabrikation, für Tuchfabriken und Tuch walken, für Gerbereien und Färbereien, sowie zur Spei­sung von Dampfkesseln und dergleichen treten gegen die sonstigen, im nachstehenden aufgeführten Benützungsarten an Bedeutung zurück. Hierüber, sowie über den Zustand, in dem diese Gewerbe­betriebe das Wasser wieder in die Wasserläufe zurückgeben, wurden zunächst noch keine Erhebungen gemacht. Klagen der Fischereiberechtigten für bestimmte Flussstrecken liegen vor.

Die Landwirtschaft benützt das Wasser der Enz und der Nagold in ziemlich ausgedehnter Weise zur Wiesenbewässerung. Wie aus der Zusammenstellung der Stauvorrichtungen hervorgeht, bestehen an der Enz 42, an der Nagold 40 reine Wässerwehre und je 10 Stauvorrichtungen, die die Wiesenwässerung zum Nebenzweck haben. Durch diese 52 bezw. 50 Wässerungsanlagen an Enz und Nagold werden schätzungsweise 380 ha bezw. 120 ha Wiesen bewässert. Da der Mehr­wert eines Hektars einer Wässerwiese gegenüber einer nicht wässerbaren ähnlich gelegenen, im Mittel zu rund 3000 M. angenommen werden kann, so erhöhen die Enz- und Nagoldwässerungen ohne diejenigen an den Nebenbächen den Wert des landwirtschaftlich ausgenützten Grund und Bodens um etwa 1 500 000 M.

Der Hauptzweck der Wiesenwässerung in diesen Thälern besteht in der Wärmezufuhr durch die Flusswasser und in der dadurch bedingten Verlängerung der Vegetationsperiode. Bei der Herbst­bewässerung wird nämlich der Boden durch die, eine höhere Wärme besitzenden Wasser vor zu rascher Wärmeausstrahlung und vor Frost geschützt, im Frühjahr hingegen wird der durchfrorene Boden durch die Wasser früher aufgetaut, so dass auf den Wässerwiesen die Vegetation früher beginnt und der Graswuchs länger fortdauert als auf nicht wässerbaren Wiesen. Ferner wird durch die Wässerung eine, wenn auch geringe Bodendüngung zufolge der im Wasser enthaltenen düngen­den Bestandteile und der mechanisch mitgeführten Erdteile bewirkt. Die Bewässerung zwischen Heu- und Oehmdernte bezweckt neben der Düngung eine Bodenanfeuchtung und dadurch raschere Wiederentfaltung des Graswuchses. Besonders günstig gelegene Wässerwiesen gestatten öfters einen drei-, ja sogar viermaligen Schnitt im Jahr. Die Bewässerung zwischen Heu- und Oehmdernte, die meist in Niederwasserperioden fällt, beeinträchtigt durch stärkere Verdunstung und durch ver­mehrte Wasseraufsaugung der in starkem Triebe befindlichen Pflanzen die Industrie hauptsächlich stark und giebt zu vielen Streitigkeiten Anlass, welchen jedoch durch Verträge, gemäss denen die Wässerungszeit auf die Nachtzeit und auf Sonntage verlegt ist, vielfach vorzubeugen versucht worden ist.

Weit wichtiger, als die bisher aufgeführten Nutzungsarten der Flusswasser sind die in dem Gefäll begründeten Triebkräfte derselben.

Die wichtigsten Dienste leisten die beiden beschriebenen Flüsse entschieden der Industrie als Kraftquellen. Während in den Thälern früher in der Hauptsache nur Getreide- und Sägmühlen einfachster Art durch das Wasser betrieben wurden, bestehen heute an den oben aufgeführten 54 Industriewehren der Enz 81, an den 51 Industriewehren der Nagold 61 Wassertriebwerke der mannigfachsten Art. Ihre Gefälle und die Höhenlage ihrer Eichzeichen sind in den Beilagen 57 und 810 bildlich, sowie in den nachstehenden Verzeichnissen übersichtlich zusammengestellt. Aus den Verzeichnissen sind auch die Betriebsarten der einzelnen Werke und die Anzahl ihrer Pferdestärken zu ersehen. Letztere wurden teils den Werksbeschreibungen, teils den Erhebungen der Königl. Zentralstelle für Gewerbe und Handel entnommen, weil die bisher gemachten Wasser­messungen sich nur auf die gesamte Flusswassermenge und nicht auf das in den einzelnen Werks­kanälen abgeführte Triebwasser erstrecken.