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Beschreibung der Flösserei auf der Enz und Nagold.
Die einzelnen Gestöre werden gestückert und unterhalb der Einbindstätte mit sogenannten Zögen in 15—20 Stück und 285 m grösster Länge hintereinander befestigt. (§ 10 der württembergischen, § 5 der badischen Flossordnung.)
Ein Floss besteht hienach aus 100—300, im Mittel etwa 150 Stämmen; der Festmetergehalt eines Flosses ist je nach der Holzgattung, der Höhe des Wasserstands zur Zeit der Verflössung, sowie nach der Art seiner Bestimmung, ob er innerhalb Landes versägt wird oder ausgeführt werden soll, sehr verschieden; er wechselt von 120—300 fm und kann angenommen werden:
für Enzflösse des örtlichen Bedarfs zu 140 fm
„ Nagoldflösse „ „ „ „ 150 fm
„ Enzflösse zur Ausfuhr „ 160 fm
„ Nagoldflösse „ „ „ 180 fm
Die zur Ausfuhr bestimmten'Flösse der Enz führen ausserdem noch etwa 40, diejenigen der Nagold noch rund 80 fm Oblast mit (vgl. S. 101).
Als weitere wesentliche Bestandteile und vorgeschriebene Ausrüstungsgegenstände sind anzuführen, das zur Lenksamkeit dienende, mit sogenannten Hacken drehbare Vordergestör, der sogenannte Vorplatz, und die zum Anhalten nötige Sperre (§15 der württembergischen, § 5 und 8 der badischen Flossordnung).
Nach § 11 der württembergischen und § 6 der badischen Flossordnung muss der Floss mit 4 tüchtigen Flössern bemannt sein, von denen einer als Flossführer durch eine amtlich beglaubigte Urkunde bevollmächtigt sein muss. Die Zeit zur Flösserei beginnt mit dem 1. März und endigt am 11. November; zur Nachtzeit, d. h. eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang bis eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang darf nicht geflösst werden (vgl. § 13, 14 der württembergischen und § 4, 9 der badischen Flossordnung).
Die Zeitdauer, in der ein Floss ohne Schwellwasser abfahren kann, ist eine sehr beschränkte, weil die zwei Wasserstandshöhen, bei welcher der Floss ohne Schwellwasser abfahren kann und bei der die Abfahrt wegen zu hohen Wasserstands eingestellt werden muss, nur etwa 25 cm Unterschied aufweisen. Der Floss braucht daher in den meisten Fällen Schwellwasser aus einer oder mehreren Wasserstuben oder Wehrwagen.
An der grossen Enz sowohl, als an der kleinen Enz befinden sich bei den obersten Einbindstätten je zwei in unmittelbarer Nähe von einander gelegene Stuben, die hintere und vordere Poppelthalstube und die hintere und vordere Neubachstube, die zusammen bei niederem Wasserstand soviel Wasser fassen, als zur Abfahrt eines Flosses nötig ist. Die Flösse gelangen mit Benützung der Wasser der einen oder anderen Zwischenstube zur hauptsächlichsten Anlandestelle, der Böhmles- wag in Calmbach. An dieser Wasserstube, sowie an der Weikenstube in Höfen, haben sich mit herzoglicher Erlaubnis im Jahre 1650 bezw. 1780 Sägwerke angebaut, die jedoch jederzeit vertrags- mässig das zum Flössereibetrieb nötige Wasser abzugeben haben.
Da jedoch bei Niederwasser diese Schwellwasser nicht bis Pforzheim reichen würden und namentlich die Flösse aus der Eyach nicht bis dorthin gelangt wären, ist die sogenannte Neuenbürgerstube oberhalb der Stadt als unterste Wasserstube für Flössereizwecke eingeschaltet worden. Von Pforzheim abwärts ist die Flösserei auch bei Niederwasser ohne Schwellwasser möglich.
Im oberen Nagoldthal werden die Flösse zumeist erst in der grossen Erzgruhewasserstube gebildet. Von liier aus folgen sich die einzelnen Stuben in angemessener Entfernung bis zur Mohnhardterstube unterhalb Altensteig. Von hier ab fehlen auf 50 km Flusslauflänge bis an die badische Landesgrenze eigentliche Wasserstuben, sowie auch der aktenmässige Nachweis der Berechtigung der Flösser zur Benützung der vorhandenen Stauvorrichtungen als Wasserstuben zum Flössereibetrieb. Die Nagold ist auch nach Aufnahme der Waldach bei Nagold noch kein natürlich flossbarer Fluss, die Flösser bedürfen auf derselben der Schwellwasser. Diese Schwellwasser sind um so nötiger, als sich in Wildberg und Calw stark benützte Anlandestellen befinden. In Calw bleiben die meisten Flösse einen oder mehrere Tage liegen, weil hier ein Wechsel in der Bemannung stattfindet. Die Erzgruheflösser fahren nämlich meist nur bis hieher und übergeben die Flösse an Calmbacher, Unterreichenbacher oder Pforzheimer Flösser zur Weiterfahrt. Bei Ankunft jedes Flosses in einer Anlandestelle fliesst nun einenteils das mitgehrachte Flosswasser unausgenützt über die Wehrkrone ah und die Flösser entnehmen sodann andernteils beim nachherigen Ausfahren aus der Anlandestelle wieder viel Wasser aus der Wehrwage auf Kosten der betreffenden Werksbesitzer. Die Klagen der