Beschreibung- der Flösserei auf der Enz und Nagold.
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In der Nagoldflossordnung vom Jahre 1667 ist gesagt, dass „zu beiden Seiten am Gestad viel Erlen und Felben wachsen, die zum teil also überhangen, dass sich die Aeste mitten in den Fluss erstrecken, so dass man ohne grosse Gefahr nicht wohl darauf flössen könne“. Sie enthielt daher die Bestimmung, dass vor Beginn des Flössens im Frühjahr jeder Grundbesitzer die überhängenden Aeste abhauen soll bei Strafe von 3 Pfund Heller.
Die jetzt geltende Flossordnung enthält keine diesbezügliche Bestimmung.
In Baden wurden bisweilen Ausgaben für Uferschutz ganz oder teilweise aus Staatsmitteln bestritten an Stellen, wo die Interessen der Flossstrassenunterhaltung mit jenen der Anlieger zusammentrafen, oder häufige Beschädigungen am Ufer durch Flösse verursacht worden waren, zu deren Abwendung sich Uferbefestigungen als notwendig erwiesen.
6- Oblast.
Schon der Vertrag vom Jahre 1322 spricht von Zimmerholz, Dielen und das „uff den Flötzen leitt“; bei dem Fehlen jeder Thalstrasse und hei dem schlechten Zustand der vorhandenen Wege war zu jener Zeit eine Ausfuhr von geschnittenem Holz überhaupt nur auf der Flossstrasse möglich.
Heute werden nur die zur Ausfuhr bestimmten Flösse mit Oblast beladen, und zwar mit Sägklötzen, Schnittwaren aller Art (Rahmschenkel, Dielen, Bretter, Latten, Schwarten), mit Stangen, Weinbergpfählen und Brennholz. Das Einladen erfolgt an der Enz in der Hauptsache in Gompel- scheuer, Calmbach und Höfen, an der Nagold hei Altensteig. Aus technischen Gründen werden hauptsächlich die mittleren Gestöre belastet, die vorderen und hinteren Gestöre bleiben frei.
Die Grösse der Oblast ist je nach der Stärke des verfrachteten Langholzes und nach der Höhe des zur Zeit des Flossabgangs herrschenden Wasserstandes verschieden; sie beträgt im Mittel an der Enz 600—1500, vgl. 1000 zöllige Bretter, an der Nagold 1200—2500, vgl. 1800 zöllige Bretter, was einem Festmetergehalt von 40—70 und einem Gewicht von rund 500—800 Zentner gleichkommt.
Das Mitführen von Oblast bringt dem Flossherrn verschiedene Vorteile. Beladene Flösse fahren sicherer als unbeladene, weil die Ohlast den Gestören einen gewissen Grad von Steifigkeit verleiht, welcher die Leitung des Flosses erleichtert. Die Beförderung der Schnittwaren erheischt keinen besonderen Aufwand; sie können unterwegs an die abseits der Bahn gelegenen Handwerksleute um 10—-15 °/o teurer verkauft werden als im Grosshandel; auch besteht die auf den Flössen verfrachtete Oblast meist aus rauherer, geringwertigerer Schnittware, welche die Eisenbahnfracht und freie Konkurrenz nicht oder nur schwer ertragen könnte.
Aus diesen Gründen war von jeher seitens der Flossherrn die Neigung vorhanden, die Flösse so stark als immer möglich zu belasten, so dass sie dann des öfteren, vermöge der in verstärktem Masse auftretenden Reibung an der Bachsohle und besonders an den Flossgassenschwellen, liegen blieben.
Hierüber, sowie auch über das häufige Anhalten der Flösse zum Zwecke des Ausladens oft nur weniger, im Kleinhandel verkauften Bretter beklagten sich die AVasserwerksbesitzer seit langer Zeit wegen des mit jedem Anhalten verbundenen Wasserverlustes.
Die Bestimmungen der Flossordnungen (württ. § 12 und bad. § 7), wonach Flösse mit Sägwaren oder anderem Holz nur soweit belastet werden dürfen, dass noch der vierte Teil der verglichenen Stärke der Gestöre über Wasser bleibt, vermochten nicht Ausschreitungen und Streitigkeiten hintan zu halten. Der Grund des Liegenbleibens eines Flosses kann nachträglich nur schwer festgestellt werden, und die Frage, ob bei liegengebliebenen Flössen der Absatz 1 oder 2 des § 26 der württemhergischen Flossordnung vom Jahre 1883 in Anwendung zu kommen habe, bleibt in der Regel eine bestrittene.
Durch Verfügung des Königl. württemhergischen Ministeriums des Innern vom 31. Mai 1897 wurde der § 12 der Flossordnung vom Jahre 1883 dahin erweitert, dass Gestöre, welche aus Stämmen mit einem mittleren Durchmesser von mehr als 45 cm bestehen oder auch nur einzelne Stämme von solcher Stärke enthalten, mit Oblast überhaupt nicht beladen werden und dass das Ein- und Ausladen von Oblast nur an den polizeilich genehmigten Einbindstätten und Anlandestellen zulässig ist.
7. Flossbetrlebsweise.
Die zum Verflössen bestimmten Stämme werden am Standort „flossgerecht behauen“, auf der Achse zum Polterplatz geführt oder dorthin geschleift, eingepoltert, gelocht und zu je 6—15 Stück nebeneinander mit Flosswieden zu einem Gestör in der Art zusammengebunden, dass die grösste Gesamtbreite 4,0 m nicht überschreitet (§10 der württemhergischen, § 5 der badjschen Flossordnung).
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