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Beschreibung der Flösserei auf der Enz und Nagold.
Während in früheren Jahrhunderten das Flosswesen ausschliesslich dem Geschäftskreis der Finanzbehörden zugewiesen war, fand zu Beginn des laufenden Jahrhunderts eine Teilung der Befugnisse in der Art statt, dass den Kreisregierungen die Handhabung der polizeilichen Ordnung bei dem Flosswesen (Reg.-Bl. von 1819, S. 941) unterstellt wurde, wogegen den damaligen Kreis- Finanzkammern die Aufsicht und Leitung des Betriebs und der Verwaltung der Flössereien und Holzgärten (Reg.-Bl. von 1823, Seite 122) übertragen wurde.
Mit Gründung des Norddeutschen Bundes bezw. des Deutschen Reichs wurden gemäss Art. 4, Abs. 9 der Bundes-(Reichs-)Verfassung der Flösserei- und Schiffahrtsbetrieb auf den mehreren Staaten gemeinsamen Wasserstrasseu und der Zustand der letzteren, sowie die Fluss- und sonstigen Wasserzölle der Beaufsichtigung und Gesetzgebung des Reichs unterstellt. Ein Ausfluss dieser Befugnis ist das Bundes-(Reichs-)Gesetz über die Abgaben von der Flösserei vom 1. Juni 1870. (Reg.-Bl. von 1871, Anlage zu No. 1, S. 80.)
In Baden sind die schiff- und flossbaren Gewässer öffentliche Gewässer, als solche bilden sie Zubehörden des Staatseigentums und sind dem allgemeinen Gebrauch gewidmet. Dieser Rechtsgrundsatz ist mit Einführung des badischen Landrechts vom 1. Januar 1810 allgemein zur Geltung gekommen. (Vgl. Landrechtsatz 538 und Art. 1—5 des badischen Wassergesetzes, sowie die Ausführungen in Schenkel, „Das badische Wasserrecht“, Karlsruhe 1877, S. 6, 7, 41, 42, 45 u. 46.) Der Gemeingebrauch besteht nach badischem Recht vor allem darin, dass die Gewässer als Verkehrswege zur Schiffahrt und Flösserei dienen und zwar unter Beseitigung aller privatrechtlichen Monopole für alle diejenigen, welche sich den im Interesse der Sicherheit und Bequemlichkeit des Verkehrs erlassenen polizeilichen Anordnungen fügen. Eine vorgängige Genehmigung zu dieser Art der Wasserbenützung ist nicht erforderlich. Die polizeilichen Vorschriften über die Benützung werden im Wege von Ministerialverfügungen erlassen. Die Strafbestimmungen für Zuwiderhandlungen stützen sich auf die §§ 322, 323, 326, 366 Ziffer 3 und 8—10 des Reichsstrafgesetzbuches bezw. die §§ 148—151 des badischen Polizeistrafgesetzbuches. Schiff- und flossbare Gewässer behalten nach badischem Recht, auch wenn sie nicht mehr zur Schiffahrt und Flösserei benützt werden, wie z. B. die Würm, ihre Eigenschaft als öffentliches Gewässer. Dieser Bestimmung liegt die Absicht zu Grunde, dem Gewässer, das einmal als öffentliches erklärt ist, diese Eigenschaft im Interesse einer allseitigen und intensiven Wasserbenützung für landwirtschaftliche und industrielle Zwecke zu bewahren.
I. Beschreibung der Flösserei auf der Enz und Nagold.
A. Einrichtung der Flösserei und Entwicklung des Holzhandels und des
Flössereibetriebs.
i. Geschichtliches.
Von der FLossbarmaclinng der Enz bis zur Aufstellung der ersten Bau- und
Wasserordnung. 1322—1588.
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts gehörte Lauffen a. N. zur Grafschaft Württemberg, Besigheim zur Markgrafschaft Baden.
Von dem holzreichen Schwarzwald und Hagenschiess waren Liebenzell und Pforzheim badisch, während Graf Eberhard der Erlauchte von Württemberg in den dahren 1308 und 1325 die Hälfte der Grafschaft Calw und im Jahre 1322 Birkenfeld und vermutlich Neuenbürg an der Enz gekauft und damit ausgedehnte Waldungen erworben batte.
Seinem Nachfolger, dem Grafen Ulrich III. von Württemberg, welcher im Jahre 1339 die Oettingen’sche Grafschaft Vaihingen/Enz und im Jahre 1341 Rosswag/Enz erworben hatte, sowie dessen Zeitgenossen dem Markgrafen Rudolf IV. von Baden, gestorben 1348, musste es daher daran gelegen sein, mit dem Ueberfluss an Holz in ihren oberen Besitzungen dem örtlichen Holzbedürfnis im Unterland abzuhelfen, in welchem ein Mangel an Bauholz vorhanden war.
Sie schlossen daher zu Stuttgart am weissen Sonntag (28. Februar) des Jahres 1322 auf die Bitte der Reichsstadt Heilbronn den ersten bekannten Flossvertrag *) Deutschlands ab, nach welchem der Neckar (bis zur Enzmündung), die Enz, die Nagold und Würm für ewige Zeiten zu geöffneten
*) Reysclier, Bd. XVII, 1, S. 1. Moser, Bd. XII, S. 64. König, S. 99. Schwab, S. 56.