Beschreibung' der Flösserei auf der Enz und Nagold.
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Dingte ein Meister einen Knecht und kam der eine oder der andere seinen Verpflichtungen, der Knecht im Arbeiten, der Meister im Arbeitgeben, nicht nach, so hatte das für den Schuldigen eine Strafe zur Folge von 1 Ort (2 Ortlin = 1 Heller) für jeden Tag, wovon die eine Hälfte der Obrigkeit, die andere den Beteiligten zufiel.
Welcher Flösser Holz verkaufte im Wert von 60—100 Gulden, der musste einen andern Meister am Handel teilnehmen lassen; betrug der Wert 130 Gulden und darüber, so musste sich der Betreffende zwei, bei 160 Gulden und darüber drei Teilnehmer gefallen lassen, die durch das Los bestimmt wurden.
Wenn ein Fremder zum Holzkaufen nach' Pforzheim kam, durfte keiner ihm nachlaufen, sondern er musste vor den Amtmann und die Verordneten gewiesen werden, die dann einen billigen Preis machten und immer zwei von den Schiffern der Reihe nach bestimmten, die den Handel übernehmen sollten.
Kein Schiffer durfte jährlich mehr denn 5000 Stück Holz oder Bord vom Walde bestellen und verführen; was darüber war, verfiel der Herrschaft und der Schifferschaft. Die Flosszeit sollte zu Ostern beginnen und am Gallustag (16. Oktober) aufhören, damit die Schiffer „die heylig zyt der vasten und ostern, auch zu wyhnachten dessbas mögen anheym blyben und inen uff dem Wasser keltin und winters halb nit schade erwachse“; auf die Uebertretung dieser Bestimmung war eine Strafe von 10 Gulden gesetzt. Knechte, die im Wald arbeiteten, erhielten täglich nebst der Kost 2 Plappert (18—20 Kreuzer = 51—57 Pf.), auf dem Wasser ohne Kost ■ 4 Plappert.
Auf einen Samstag oder Vorabend eines Feiertags in Pforzheim mit einem Floss anzufahren, war bei Strafe von 2 Pfund Pfennig untersagt. Unterhalb Pforzheim durfte kein Holz an Sägmühlen verkauft werden bei Strafe von 5 Pfund Pfennig; dafür mussten aber die Pforzheimer Beamten den Flössern behilflich sein, dass ihre Sägklötze zu Pforzheim von den Sägern rechtzeitig besorgt wurden. Welcher Pforzheimer Flösser mit einem Waldschiffer einen Holzkauf zu festem Preis auf ein Jahr abgeschlossen hatte, der war bei einer Strafe von 10 Schilling Pfennig daran gebunden, wenn nicht beide Teile sich gütlich verglichen. Wenn ein Zimmermann das Holz zu einem Bau auf dem Wasser verführen wollte, so musste er das Geschäft durch die Flossknechte um den Taglohn besorgen lassen oder er musste es den Meistern in Akkord übertragen. Alles Holz musste nach einer bestimmten Grösse gehauen werden, doch nur was als „kaufmannsgut“ gelten konnte.
Alle Jahre fand vor dem Amtmann und den verordneten vier Meistern eine Rügung statt, wobei Meister und Knechte bei ihrem Eide alles angeben mussten, was alles gegen die Flösserord- nung geschehen sei, um jedes Zuwiderhandeln mit der vorgeschriebenen Strafe zu belegen. Wer nicht erschien, durfte für jenes Jahr das Gewerbe nicht ausüben und wurde, wenn das Ausbleiben ein „freventliches“ war, noch obendrein um 10 Gulden bestraft.
Am Montag nach Dreikönig jeden Jahres musste Brüderschaftstag gehalten werden bei Strafe von 1 Pfund Wachs „unserer lieben Frauen“, demselben folgte eine Seelenmesse für die abgestorbenen Zunftgenossen; zum Rügungstage wurde immer der darauffolgende Montag angesetzt; an einem weiter anberaumten Tage jedes Jahres musste die Flösserordnung verlesen werden.
Welcher Flösser einen andern Flösser an einem Kauf oder Verkauf hinderte, verfiel in eine Strafe von 5 Pfund Pfennig.
Von allen Strafen fiel der Herrschaft und der Stadt die eiue Hälfte, der Schifferschaft die andere zu; erstere Hälfte wurde zwischen Herrschaft und Stadt, wie das Umgeld, geteilt (zu 3 /t und
Man sieht hieraus das Bestreben der Schiffer und Flösser, möglichst als Korporation aufzutreten, wobei man übrigens bedacht war, eine völlige Gleichheit zwischen den Mitgliedern zu erhalten und jeder drohenden Möglichkeit einer Ausbeutung durch das Grosskapital vorzubeugen. Die Verarbeitung des Holzes suchte man so viel als möglich der Markgrafschaft zu erhalten; zwischen Meister und Knecht sollte kein allzu grosser Unterschied aufkommen**).
Flösserordnung von 1555.
Die Flösserordnung von 1501 wurde im Jahre 1555 bedeutend abgeändert, und auf die kurzen Bestimmungen von 17 Paragraphen eingeschränkt, die im wesentlichen folgende Bestimmungen enthielten***). Wer noch nicht geflösst hat, muss vorerst 5 Schilling Pfennig erlegen. Wer keinen
*) Pflüger, S. 258 ff.
**) Gothein, S. 19 ff.
*♦*) Mene, Zeitschrift, Xi, S. 274.