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Beschreibung der Flösserei auf der Enz und Nagold.

Neckar mit Nutzen hätte verwertet werden können. Mit dem steigenden Langholzfiossverkelir war dieser Umstand für den Nachwuchs geradezu verhängnisvoll; er führte zur Einrichtung der Scheiter- holzflösserei.

Im Jahre 1733 unternahm Keppler von Agenbach erstmals den Akkord über die jährliche Ausfuhr von 650 Stämmen Tannenholz in Gestören als sogenannte Brennlässe (d. h. von Aesten und Zacken gereinigte Gipfel von unbestimmter Länge und Stärke) aus den Hirsauer Waldungen nach Vaihingen. Diese Vorgängerin der eigentlichen Scheiterholzflösserei wurde aber den Flossbauten so nachteilig, dass sie sofort nach Beginn der letzteren im Jahre 1748 auf immer abgestellt wurde.

Erst beinahe 200 Jahre nach Abschluss des ersten Vertrags vom Jahre 1550, am 22. August 1739, wurde zwischen Württemberg und dem ehemaligen Admodiateur der Schmelz- und Schmied­werke Pforzheims, dem Bankier Samuel Burkhardt, welcher zuvor auf eigene Kosten den Albfluss iur Scheiterflösserei eingerichtet hatte, ein nachmals an das fürstliche Haus Durlach übergegangener Vertrag abgeschlossen, vermöge dessen ihm auf 15 Jahre alljährlich 5000 Klafter Brenn- und Kohl­holz aus württembergischen Waldungen überlassen wurden.

Dieser Vertrag wurde unter Herzog Karl durch den Rezess*) zwischen Württemberg und Baden vom 27. April 1747 auf die Würm, die Nagold, die Enz und den Neckar ausgedehnt.

In diesem Rezess werden die Zölle und Flussgelder auf Vj 2 Kreuzer vom Klafter festgesetzt und unter anderem bestimmt, dass nur diejenigen AVasserwerksbesitzer, welche in ihrem Betrieb wahrhaftig gehindert und die Räder zuzustellen genötigt werden, von derjenigen Herrschaft ent­schädigt werden solle, welcher der Floss gehöre und dass im Falle des Nichtzustandekommens einer Abfindung die betreffende Landesherrschaft den Schaden einschätzen und hienach vergüten lassen solle. Der Schaden an AVehren, Flossgassen, Gütern und dergl. musste, sofern kein gütlicher Ver­gleich erzielt werden konnte, durch Kommissionen, denen Beamte beider Staaten beigegeben waren, dadurch festgestellt werden, dass deren Beschaffenheit vor Beginn und am Schluss jeder Flosszeit beaugenscheinigt und protokollarisch aufgenommen wurde. Ferner wurde die Ausübung der Scheiter­holzflösserei in die Wintermonate Martini bis 30. April mit der Bestimmung verlegt, dass abwechs­lungsweise die eine Herrschaft das Holz im Frühjahr, die andere im Spätjahr zu verflössen habe.

Die Flosseinrichtungen wurden sofort im Jahre 1747 auf herrschaftliche Kosten durch den erfahrenen und unternehmenden Flossmeister Braxmaier getroffen.

An *der obern Enz wurde zwischen Enzklösterle und Nonnenmiss der von einem Flosskanal durchzogene Holzgarten errichtet, in welchem das Scheiterholz gesammelt, getrocknet und gezeichnet wurde. Mit abwechselnder Benützung der Schwellwasser der zu diesem Zweck errichteten Poppel­und Kaltenbachseen wurde das Jahresquantum an Holz von Hunderten von Männern, Frauen und Kindern innerhalb 14 Tagen ins AVasser geworfen und abwärts geflösst. Hiebei bildeten sich oft Stauungen von 1000 und mehr Meter Länge, welche von den Flusswärtern mit langen Stangen zer­stört, mit furchtbarem Knallen und Krachen abgingen.

In Vaihingen und Bissingen wurden die Scheiter durch Stauanlagen (Hagelwehrbruck) auf­gehalten, mit Kanälen in die Holzgärten geleitet, dort ausgezogen, aufgesetzt und verkauft. In Vaihingen wurden etwa 2500, in Bissingen etwa 10 000 Klafter gelagert, wovon/ 3 an den Hofstaat Ludwigsburg, an die Kasernen in Stuttgart, Ludwigsburg und Asperg, sowie an die Porzellanfabrik, das Waisenhaus und später an die Saline Jagstfeld gelangte und 2 /s an Private verkauft wurden. Im Jahre 1784 wurde, entsprechend einem Gesuch der Stadtgemeinde Bietigheim, auch dort eine Brennholzniederlage eingerichtet. Diese drei Holzgärten standen unter der Verwaltung eines eigenen Faktors mit der Würde eines herzoglichen Rats.

Ausser diesen württembergischen Scheiterholzflössen fuhren auf der Enz auch aus badischen AValdungen nach dem Zucht- und Arbeitshaus zu Pforzheim und dem dortigen Eisenwerk viele Brenn­holzflösse.

Auf der Nagold wurde zumeist Holz aus Gemeindewaldungen geflösst; auf den Nagolder Holz­garten mögen jährlich etwa 1000 Klafter gekommen sein. Die württembergischen Gemeinden des sogenannten oberen Gäus und die gewissermassen flossberechtigten vorderöstreichischen Ortschaften Altingen, Oberndorf, Poltringen und Hailfingen waren hauptsächlich Abnehmer des nach Nagold gebrachten Brennholzes. Ebenso bezogen die Zeug- und Färber-Compagnie in Calw etwa 1200 Mess und die Stadtgemeinde AVildberg etwa 2300 Mess Brennholz im Jahr auf der Nagold gegen

j Auszug in Reyscher, Brt. XVI, 2, S. 1131.