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Beschreibung der Flösserei auf der Enz und Nagold.
Diese Wehrzölle werden in der Enzflossordnung vom Jahre 1588 nicht mehr erwähnt. Nach der Nagoldflossordnung vom Jahre 1667 ist die Unterhaltung des Flosslochs an den Mühlwehren als Obliegenheit der herrschaftlichen Faktorei anerkannt; diese Flossordnung spricht den Werksbesitzern von jedem durchgehenden Floss 6 Kreuzer (17 Pf.) für „ihr Versäumnis“ zu; dagegen steht den Werksbesitzern kein die Fl össere i ausschliessendes Recht des Wassergebrauchs zu.
Diese flossordnungsmässigen Gebühren für ein Durchfahrwasser wurden durch Verfügung der herzoglichen Rentkammer vom 5. Mai 1727 für bezugsberechtigte Wasserwerke auf 8 Kreuzer (23 Pf.) erhöht und auch für die Enz vorgeschrieben; für ein, ohne mitgebrachtes Sch well wasser aus der Mühlwehrwage abgegebenes sogenanntes gefangen Wasser sollen die Flösser aber 18 Kreuzer (51 Pf.) bezahlen. Wegen ungebührlichen Forderungen von Flossgebühren seitens der Wasserwerksbesitzer beschwerten sich im Jahre 1847 die Langholzflösser auf der Enz bei dem Königl. Ministerium des Innern. Dieses erliess am 17. November 1848 eine Instruktion an die Königl. Kreisregierungen Reutlingen und Ludwigsburg. Der Rechtsbestand dieser Geldabgaben wurde hierauf in den Jahren 1850—54 untersucht und der Betrag der Abgaben mit Rücksicht auf das Mass billiger Entschädigung richtig gestellt. (Vgl. die Erlasse des Ministeriums des Innern vom 23. Oktober 1854 und die Erlasse der Königl. Kreisregierung Ludwigsburg an das Oberamt Ludwigsburg vom 12. September 1851 und an das Oberamt Besigheim vom 11. Februar 1851, Nr. 1210 und vom 12. September 1851, Nr. 2871.)
Bezüglich der Gebühren für Nachwässern auf der Nagold wurde durch das Königl. Finanzministerium durch die Erlasse vom 9. September 1828, Nr. 8775 und vom 28. April 1829, Nr. 3595 angeordnet, dass die Werksbesitzer alter Wasserwerke von der Altensteiger Stube bis zur Thalmühle für Durchfahrt und Nachwässern einzeln und zusammen 16 Kreuzer (46 Pf.), von da bis zur Landesgrenze für Durchfahrt und Nachwässern je 8 Kreuzer (23 Pf.) von jedem Floss erhalten sollen.
Ein bestrittener Punkt war die Erhebung der Gebühren von solchen Flössen, die mit Erlaubnis der Königl. Staatsfinanzverwaltung nach Martini, als dem durch die Flossordnung bestimmten Endtermine, die Mühlwehrflossgassen durchfuhren. Die Werksbesitzer sind in derartigen Fällen, gemäss Geheimen Rats Beschlusses vom 25. April 1861 nicht befugt, für blosse Durchfahrt erhöhte Gebühren zu fordern.
Die Fluss- und sonstigen Wasserzölle unterliegen heute, nach Art. 4 Abs. 9 der Verfassung des Deutschen Reichs der Beaufsichtigung und der Gesetzgebung seitens des Reichs.
Nach § 3 des Reichsgesetzes über die Abgaben von der Flösserei vom 1. Juni 1870 (Beilagenheft zum Reg.-Bl. vom Jahre 1871, Nr. 1, S. 80) sind Abgaben, die als Entschädigung an Besitzer von Wasserwerken, insbesondere von Wehren zu betrachten sind, auch ferner als zulässig erklärt worden, sie dürfen jedoch nur in Geld nach Tarifen, die von den Landesregierungen festgestellt werden, erhoben werden; auch dürfen sie den Betrag, in dem sie bisher erhoben wurden und das Mass einer billigen Entschädigung für geleistete Dienste, Beschädigung der Wehre oder gehinderten Betrieb nicht überschreiten; bei neu angelegten Mühlen oder nicht mehr vorhandenen Wehren dürfen sie überall nicht erhoben werden.
Da diese Abgaben, die durchweg in Geld gereicht wurden, im Ganzen niedrig, besonders an den obern Flussläufen sehr niedrig gehalten sind, war ihre Veränderung aus Anlass des genannten Reichsgesetzes nicht geboten und es wurde daher auch weder von Württemberg, noch von Baden, auf Grund dieses Gesetzes ein Tarif veröffentlicht.
Die heute noch zu reichenden Abgaben sind in dem nachstehenden Verzeichnis zusammengestellt; sie wurden in Baden letztmals unterm 30. November 1864 durch das Grossh. Bezirksamt Pforzheim festgestellt und bekannt gemacht, während in Württemberg nur für die Oberämter Maulbronn und Vaihingen ein ähnliches Abgabeverzeichnis im Jahre 1875 im Druck erschien, die Abgaben an Wasserwerksbesitzer anderer Oberämter dagegen in der Hauptsache auf Herkommen und mündlicher Ueberlieferung beruhen.
Die Verabreichung eines Schliess- oder Trinkgelds im Betrage von 6 —12 Kreuzern (20—40 Pf.) von jedem Floss beruht auf Privatübereinkunft zwischen den Flössern und Müllern. Zum Einzug dieser Gebühren sind meist die Knechte der Werksbesitzer berechtigt, die auch das Schliessen der Flossgasse besorgen, während das Oeffnen durch den sogenannten Vorläufer des Flosses erfolgt.
In dem nachstehenden Verzeichnis sind die Abgaben, die heute noch von jedem Floss für einfache Fahrt und für Nachwässerung an Durchfahrts- und Schliessgeldern zu bezahlen sind, zusammengestellt.