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Beschreibung- der Flösserei auf der Enz und Nagold.
3. Rückblick.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts änderten sich die Verhältnisse des Holzhandels und der Flösserei von Grund aus.
Der Handel mit Langholz wurde nicht mehr in der Form eines auf bestimmte Jahre abgeschlossenen Admodiationsvertrags mit der Regierung, sondern als ein gewöhnliches Gewerbe betrieben. Die alte Flossfreiheit trat wieder in Kraft. Das Flössen war schon durch Generalreskript vom 27. Mai 1797*) wieder jedermann (mit Ausnahme der Staatsbeamten) erlaubt und die mannigfach früher dagegen bestandenen Gesetze durch Generalverordnung vom 14. Februar 1812**) aufgehoben worden; auch wurde der Flössereibetrieb mehr und mehr von den ihn belastenden staatlichen Abgaben (näheres siehe unten S. 88) befreit.
Auf Grund der freien Konkurrenz regte sich allerorts der Unternehmungsgeist; neben den aus den alten Holzkompagnien hervorgegangenen Firmen bildeten sich Konkurrenzgeschäfte in kleinerem und grösserem Massstab. Der Verkauf von Langholz aus den Staatsforsten vollzog sich nunmehr meist in öffentlichem Aufstreich; vielfach wurden jedoch auch unter der Hand namhafte Lieferungen auf bestimmte Holzarten und Holzmengen abgeschlossen. Auch wurde beim Verkauf das Submissionsverfahren versucht, aber bald wieder verlassen. Kurz, es bürgerte sich der freie Handel, gestützt auf Angebot und Nachfrage ein.
Der Ausfuhrhandel und mit ihm nicht minder auch das eigentliche Flössereigeschäft erreichte in den 50er Jahren einen Höchstpunkt.
In der 2. Hälfte dieses Jahrhunderts verlor der Ausfuhrhandel von Langholz aus dem Schwarzwald einenteils durch die Konkurrenz der norwegischen und amerikanischen Hölzer in Holland und andern teils infolge der Erbauung von Eisenbahnen im Wettbewerb mit den oberschwäbischen, hohen- lohischen, bayerischen, österreichischen, ja sogar ungarischen und slovenischen Hölzern am Mittel- nnd Unterrhein mehr und mehr seinen Absatz. Auch beeinträchtigte ihn der seit 1870 rasch steigende inländische Bedarf und ganz besonders die stetige Zunahme der Holzindustrie im Lande, welche das Holz an Ort und Stelle verarbeitet und als fertige Ware auf der Eisenbahn ausführt, aufs empfindlichste, so dass heute die Ausfuhr von Rohmaterial aus dem Enzgebiet ganz beträchtlich gesunken ist.
Vom Holländerholzhandel überhaupt und vom Flössen auf dem Rhein.
Ueber den wichtigen und einträglichen Holländerholzhandel überhaupt, sowie über das Flössen auf dem Rhein, soll hier noch einiges nachgetragen werden.
Der Holzhandel vom Schwarzwald aus wurde ehedem nicht nur mit Tannen, sondern hauptsächlich auch mit Eichen getrieben; das Tannenholz war Mittel zum Transport für das schwere Eichenholz. Obgleich in den Neuenbürger- und Altensteiger-Forsten viel Eichen wuchsen, waren sie doch schon frühzeitig ausgehauen; es gelangten alsdann sehr viele Eichen aus dem Liebensteinerund Neuenstadter-Forst auf der Achse nach Lauffen, Heilbronn und Neckarsulm, wo sie auf die Schwarzwaldflösse verladen wurden. Im Jahre 1783 kam eine solche von 60 Fuss (17,2 m) Länge und 5 Fuss (1,43 m) kleinster Dicke mit einem Wert von 350 Gulden (600 M.) in Neckarsulm zur Verflössung. Nur die Mast- oder Kapitaltannen von mehr als 70 Fuss (20 m) Länge, sowie die mächtigen Forchen aus dem oberen Murgthal waren in Holland gesuchte Ware. Die Ausfuhr war hauptsächlich in den 1720er und 1750er Jahren, sowie gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts eine sehr starke.
Für den Handel auf den Quellzuflüssen war Pforzheim der erste Sammelplatz; hier wurden die Flösse meist umgebunden und umgeladen, auch wechselte die Flossmannschaft. In Heilbronn oder Neckarsulm wurden meist 3 Enzflösse zu einem breiten sogenannten Thalfloss zusammengestellt.
Das Verflössen des Schwarzwaldholzes der Kompagnien gieng bis zu anfang dieses Jahrhunderts nur bis Mannheim; hier giengen die Flösse an die unterrheinischen Holländerholzhändler über, deren bedeutendste Firmen waren: v. Hausen in Saargemünd, v. Stockum in Frankfurt, Noll in Trier, van Terven in Rotterdam, die sich durch gemeinschaftliche Käufe in bestimmten Distrikten des Oberrheins ein gewisses Monopol sicherten und die teilweise auch Faktoreien in Pforzheim unterhielten.
*) Moser, Staatsrecht, Brt. II, S. 807.
**) Reg.-Bl. 1812, S. 108.