Beschreibung der Flösserei auf der Enz und Nagold.

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offenen Wasserstrassen erklärt wurden, die ein jeder gegen Entrichtung der vereinbarten Abgaben an die Wehrbesitzer benützen durfte. Die Wehre und sonstigen Einrichtungen sollten ohne Un­kosten für die Flösser aus den durch die Abgaben gezogenen Mittel erhalten werden.

Den Flössern wurde durch den Vertrag sicheres Geleite zugesagt, das auch in Kriegszeiten nicht beeinträchtigt werden solle.

Die beiden den Vertrag schliessenden Fürsten mögen wohl der, dem Handels- und Unter­nehmungsgeist der Heilbronner Bürger entsprungenen Anregung und Bitte um so bereitwilliger Folge ge­leistet haben, als sie nicht nur dem in ihren und ihrer Unterthanen Waldungen verfaulenden Holze*) Absatz verschaffen konnten, sondern auch nicht unbeträchtliche Zolleinnahmenauf ewige Dauer erhielten.

Dass die Zölle nicht unbedeutend waren und dass auch schon vor diesem Vertragsabschluss in nicht unbedeutendem Masse geflösst wurde, erhellt daraus, dass bei der im Jahre 1331 stattge­habten Verpfändung der Burg Lauffen a. N. durch die beiden Söhne des Grafen Ulrichs III. von Württemberg an Hans von Helmstädt, die ersteren ausdrücklichdie Tyllen und Britter, so von dem Zoll und Flöz fallen sich vorbehielten.**)

Ueber die grosse Ausdehnung und den lohnenden Verdienst bei der Enzflösserei zu jener Zeit erhält man ferner Aufschluss durch einen im Jahre 1383 gemachten Eintrag im Seelebuch des Stifts Mariä zu den Greeden in Mainz, welcher verdeutscht lautet:Albert, der Schultheiss von Pforzheim, gab zum Bau der seligen Jungfrau Maria au von ihm verkauften Hölzern 35 Pfund Heller (damals zu 3 Gulden 24 Kreuzer = 203 M.); dessen Andenken möge beständig bleiben. ***)

Unter Graf Eberhard dem Greiner, 13441366, erhielt die Flösserei auf der Enz und Nagold für Württemberg erhöhte Bedeutung durch den im Jahre 1345 erfolgten Erwerb der zweiten Hälfte der holzreichen Grafschaft Calw mit Zavelstein und Wildbad, sowie durch Ankauf von Nagold und Haiterbach im Jahre 1363.

Von den nachfolgenden württembergischen Regenten ist in Bezug auf das Floss wesen nur so viel bekannt,- dass die beiden Grafen Ludwig und Ulrich V., der Vielgeliebte, im Jahre 1440 die Stadt Wildberg und Bulach mit allen dazu gehörigen Dörfern, Weilern und Waldungen nebst der Oberherrlichkeit über das Kloster Reuthin zum Lande kauften und dadurch den Holzreichtum des Landes nicht unbeträchtlich vermehrten und Unterhandlungen mit Oesterreich, als der Besitzerin der Grafschaft Hohenberg, und mit der Reichsstadt Esslingen führten zum Zweck der Einführung der Flösserei auf dem Neckar bis Sulz aufwärts.

Dass auch die Flösserei im 15. und 16. Jahrhundert in Blüte war, sagt uns ein geographischer Schriftsteller,-j-) der in der Mitte des 16. Jahrhunderts lebte, in folgenden Worten:

Das Volk, so bei der Kinzig wohnt, besonders um Wolfach, ernährt sich mit den grossen Bauhölzern, die sie durch die Kinzig in den Rhein flössen und gross Geld jährlich erwei'ben. Desgleichen thun die von Gernsbach und andern Flecken, die an der Murg ge­legen sind, gleichwie die von Pforzheim gross Flötz in den Neckar treiben.

Während im 16. Jahrhundert dem Flössen auf der Nagold noch territoriale Hindernisse im Wege standen, wurde das Flössen auf der grossen Enz und der kleinen Enz, sowie auf der Eyach, desto lebhafter betrieben. Ungeachtet des äusserst niedrigen Holzwerts (ein sogenannter 70' Balken von 24,5 in Länge kostete etwa 80 Pf.), wurde schon damals das Flossholzgewerbe staatswirtschaft­lich hochgeschätzt. Denn als dasselbe im Jahre 1587 durch einen gewaltigen Wolkenbruch, der Wasserstuben und Flossgassen, Brücken, Wege und Güter zerstörte und den Flossweg mit Felsen, Steinen und Kies verlegte, einen Stillstand erlitt, entstanden darüber nicht nur unter den Flössern und Sägmühlinhabern, sondern auch bei entfernten Gemeinden laute Klagen über Mangel an Bau­holz und geschnittenem Zeug und bei vielen Unterthanen über fehlenden Verdienst. Auch erwuchsen grosse Streitigkeiten über die Pflicht der Räumung und Unterhaltung der Flossstrassen. Dies be­wog den Herzog Ludwig, nachdem er von der Verheerung persönlich Einsicht genommen hatte, auf Grund kommissarischer Vereinbarungen an Ort und Stelle die Bau- und Wasserordnung -}"[) für die

*) Das Holz hatte zu jener Zeit in den waldreichen Landesgegenden fast gar keinen Wert; im Jahre 1310 wurden im Schönbuch für eine Eiche 6 Heller, für eine Buche 4 Heller bezahlt. (Das Königreich Württemberg, 1882, S. 54.)

**) Sattler, S. 123 u. 151.

***) Mone, Bd. XI, S. 129 u. 260.

f) Sebastian Münster, Kosmographie, Basel 1546.

U) Moser, Bd. XII, S. 78. Eeyscher, Bd. XVI, 1, S. 91.