Durch den Wechsel des Kirchengebäudes, den Amtssitz deö Pfarrers im Klosterbezirk sowie durch daö rasche Emporblühen des kaum erstandenen Dorfes Hirsau verschob sich auch der kirchliche Schwerpunkt zugunsten des letzteren: es wurde Pfarrdorf und Ottenbronn sank zum Filial herab. In dem während des 18. Jahrhunderts regelmäßig erschienenen „Hoch- Fürstl. Würtemb. Adreßhandbuch" ist bis 1757 bei Hirsau wohl ein Pfarrer angegeben, es sind jedoch bis dahin keine kirchlichen Filialorte genannt. Solche erscheinen erst von 17-58 ab, und zwar: „Ottenbronn, Ernstmühlin Liebenzeller Amts, Lüzenhard, Altburger Sägmühlin, Ernstmühler Sägmühlin^)." Von 1758 ab war also Hirsau als Hauptort der Pfarrei anerkannt. Ein Heiligenpfleger erscheint in den Adreß- handbüchern bei Hirsau erstmals zum Jahr 1794. In den Jahren 1819—1821 wurde die alte Heiligenpflege zwischen Hirsau und Ottenbronn geteilt und von dort ab als „Stiftung des hl. Bartholomäus zu Pletschenau" gesondert verwaltet. In den Siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts errichtete Ottenbronn einen eigenen Friedhof innerhalb seiner Dorfmarkung, nachdem es bis dahin seine Toten in der Pletschenau zur Erde bestattet hatte^). Die völlige Loslösung der Ottenbronnec von ihrem alten kirchlichen Mittelpunkt vollzogen diese endlich 1926 durch Erstellung einer eigenen Kirche^).
Die Pfarrei Hirsau ist also, wie das gleichnamige Dorf, ein Gebilde des 18. Jahrhunderts. Sie entstand nicht durch Neugründung, sondern durch langsame Umwandlung der alten Pfarrei St. Bartholomäus zu Pletschenau.
31 ) 8. 145.
S2 ) Daher heißt die Landstraße zwischen Hirsau und Ottenbronn noch heute „Totensteige“.
33 ) Eingeweiht: 11. November 1928.
Textabbildungen.
Bild 1 ist ein Ausschnitt einer vom Württ. Statistischen Landesamt Stuttgart gefertigten photographischen Aufnahme der Karte: „Wildhader Vorst“ aus dem Gadner’schen Atlas von 1596. Ein Abzug der Aufnahme wurde vom Statistischen Landesamt liebenswürdigerweise zur Reproduktion überlassen. Bild 2 ist die photographische Wiedergabe des Originalbildes der Aureliuskirche von 1450; gefertigt nach der Abbildung im Versteigerungskatalog Nr. 41 der Firma Hugo Helbing, Frankfurt a. M. (Tafel Nr. 7). Bild 3 ist eine neuzeitliche Aufnahme des Schloßturmes; gefertigt von Johannes Luz, Hirsau. Bild 4 zeigt eine photographische Aufnahme der Marienkapelle, vor deren Umbau. Auch auf den dort sichtbaren Ostteil der Klosterkirchenruine sei noch aufmerksam gemacht.
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Zeittafel
Zwischen Gründung der Nazariuskirche, auf einem Hügel nahe der
765 und 768 Stelle des späteren Aureliusklosters, durch Erlafrid, der ein „edler und frommer Senator" genannt wird.
830 Überführung der Aureliusreliquien und Gründung eines Klosters „Aureliuözelle", später Hirsau genannt, an der Stelle eines nicht näher bezeichneten Waldhanses durch Bischof Noting von Vercelli, einen Nachkommen des Erlafrid.
Zwischen
1049». 1065 Wiederherstellung des zerfallenen Aureliusklosters.
1065 (4. Dezember) Neubesetzung des wiederhergestellten Klosters durch Mönche aus Einsiedeln.
1071 (4. September) Weihe der neuerbauten Aureliuskirche.
1083—1091 Erbauung des neuen Klosters und des großen Münsters St. Peter und Paul, jenseits der Nagold, durch den Reformer Abt Wilhelm.
1091 (2. Mai) Weihe des neuen Münsters St. Peter und Paul; 5. Juli desselben Jahres Tod des Abtes Wilhelm.
Vor 1260 Erbauung der Pfarrkirche St. Bartholomäus zu Pletz- schenau.
1399 Die Bartholomäuskirche wird erstmals dem Kloster Hirsau einverleibt.
1474 Zweite Übergabe der inzwischen wieder selbständig gewordenen Bartholomäuskirche an das Kloster Hirsau.
1535 Die Reformation wird im Kloster Hirsau und an der Pfarrkirche St. Batholomäus durchgeführt.
1656 Im Kloster Hirsau wird ein evangelisch-theologisches Seminar eingerichtet. Die theologischen Lehrer der Schule versehen gleichzeitig das Amt an der Pfarrkirche.
1584/85 Teilweise Abtragung der Aureliuskirche wegen Schadhaftigkeit.
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