markungsoerzeichnis von 4758 23 ) ist wiederholt die Rede von der „Mauer des Hirschbronnens", demnach hätte das massive Hans über der Quelle damals noch bestanden. Zu Ansang des 49. Jahrhunderts war an dessen Stelle nur noch ein kleines Bretterhäuschen von je 20 Fuß Länge und Breite. Das alte Gebäude ist demnach in der zweiten Hälfte des 48. Jahrhunderts eingegangen. Der Boden nahe der Hirschquelle birgt aber heute noch größere Fundamentreste, die vor einigen Jahren zufällig angeschnitten wurden. Eine fachmännische Grabung am dortigen Platze würde wohl weitere Klarheit erbringen.
Vielleicht erscheint es da und dort unverständlich, daß die Erinnerung an ein ehemaliges Fürstenbad in Hirsau völlig entschwunden sein sollte. Es ist jedoch zu beachten, daß nach der Zerstörung des Klosters und Schlosses in Hirsau nur noch eine kleine Anzahl von Beamten und Bediensteten zum Zwecke der Verwaltung deö ehemaligen Klosterbesitzes verblieb. Das Fehlen einer Dorfgemeinde mit bodenständigen Einwohnern erklärt schon ohne weiteres den Mangel des Weiterlebens örtlicher Geschehnisse durch Fortpflanzung von Geschlecht zu Geschlecht.
Der Gedanke, daß unter dem späteren bürgerlichen Hirsau doch immerhin noch eine Spur der Erinnerung an das ehemalige Bad vorhanden sein müßte, führte mich zu weiterem Suchen und endlich fand ich in dem ersten Teil des 4849 angelegten Amtsgrundbuchs des Kameralamts Hirsau * 2 H eine sehr beachtenswerte Rotiz. Unter dem Abschnitt „Flüsse, Bäche und Quellen" ist (S. 39) angegeben: „Von bedeutenden Quellen bezeichnen wir blos den Hirschbronnen, eine starke, mehreren Bronnen ihr Wasser liefernde Quelle bei Hirsau. Das Wasser aus ihr ist frisch und gut zum Trinken, soll auch in ganz alten Zeiten häufig als Baadwaffer benützt worden feyn." Rteine Vermutung, bei dem fürstlichen Bad müsse an die Hirschquelle gedacht werden, findet hier durch eine wenn auch späte Rotiz ihre Bestätigung. 1
Auch die eigentliche Bedeutung des herzoglichen Schlosses ist hier in Betracht zu ziehen. K. Klaiber 2 ") nannte dieses das „Lust- oder Jagdschloß", und nach dessen Benennung hat der Hirsauer Fürstenbau unter dem Ramen „Jagdschloß" in der einschlägigen Literatur überall Eingang gefunden. Mit Unrecht hat Klaiber die obige Bezeichnung geprägt. Wohl kamen die Herzöge auch der Jagd wegen nach Hirsau, und nach Erstellung des Schlosses nahmen sie auch anläßlich der Jagden in ihren eigenen Schloßräumen Wohnung. Für die Erbauung des Schlosses waren aber nicht die gelegentlichen Jagdzüge, sondern wesentlich andere Gründe bestimmend. Aus einem bisher nicht beachteten Brief des Herzogs Eberhard III. an den kaiserlichen General Franz Freiherr von Mercy
2S ) Beim Staats-Filialarchiv Ludwigsburg.
24 ) Ebenda.
25 ) a. a. O. S. 65.
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vom 25. Juni 4639 26 ) ersehen wir den eigentlichen Zweck, dem der Fürstenbau zu dienen hatte. Dem Herzog wurde bekanntlich nach Wiederbesetzung des Klosters durch den Benediktinerorden von Abt Wunibald Zürcher das Eigentumsrecht an dem Schloß nicht zuerkannt und ihm der Zutritt zu den Schloßräumen verwehrt. In dem erwähnten Brief gibt Eberhard hierzu an, daß „der Reue Bau (herzogliches Schloß) daselbsten . .. von Unseren Hochlöblichen Vorfordern ... zu dem Ende erbaut worden, Sich in Sterbensläufften (d. h. beim Auftreten ansteckender Krankheiten: Pest u. a.) dahin als einen gesunden Orth zu retiriren, wie auch die darumb gelegenen Sauerbrunnen und Bäder desto füglicher von darauß zu gebrauchen ..." Das Schloß war also, als Mittelpunkt zwischen „den darumb gelegenen Sauerbrunnen und Bädern" für den Kur- und Badeaufenthalt der herzoglichen Familien bestimmt; keineswegs war es aber als Jagdschloß gedacht.
Eine Verschickung nicht nur von Mineralwasser zu Trinkkuren von einem Badeort zum andern, sondern auch von Badewasser, z. B. von Liebenzell nach Teinach, ist für das 48. Jahrhundert nachgewiesen. Rach einer Beschwerdeschrift des Hirsauer Klosteramts von 4762 27 ) haben „zerschiedene vornehme Persohnen in Theinach deß Zeller BaadwasserS sich bedient, das sie von Zell aus durch die Theinacher Fuhrleuth ... führen lassen. .." Über eine etwaige Verwendung fremden Badewassers im fürstlichen Bad zu Hirsau konnte ich aber einen bestimmten Rachweis nicht finden.
Als letzter Beweis für das einstige Vorhandensein des Hirsauer BadeS sei noch auf folgende Tatsache hingewiesen: Die über der Hirschquelle beginnende Waldabteilung trägt noch heute die Bezeichnung „Badwald". Im Forstlagerbuch des Klosters von 4567 28 ) find die Waldabteilungen des Altburger Bergs angegeben. Eine Abteilung „Badwald" gab es damals noch nicht. Erst im Anschluß an daS zum Jahr 4592 erstmals erwähnte „Fürstliche Bad" hat sich anscheinend diese Bezeichnung herausgebildet. Rachdem daS Gebäude über der Quelle nun längst verschwunden ist, lebt die Bezeichnung „Badwald" noch heute fort und bildet so, unbewußt dem heutigen Geschlecht, die letzte örtliche Spur des fürstlichen Bades zu Hirsau.
Die Anfänge von Gemeinde und Pfarrei Hirfau.
Über den Zeitpunkt der Bildung eines Dorfes Hirsau herrscht bis heute große Unklarheit. Wohl ist bekannt, daß die Gemeinde Hirsau als solche erst 4830 durch Vertrag zwischen Staatsfinanzverwaltung und Gemeinderat Hirsau rechtlich gebildet wurde. Im allgemeinen wird jedoch
2S ) Staatsarchiv Stuttgart, Repert. Kloster Hirsau, B. 22.
2 ’) Staats-Filialarchiv Ludwigsburg, Repert. d. Klosters- und Forstverw. Hirsau
XVIII, 1. Bd., Nr. 74.
2S ) Staatsarchiv Stuttgart, Forstlagerbuch Nr. 49 d.
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