den Siedlern der umliegenden Weiler die Razariuskirche als geistlicher Mittelpunkt diente. Ob diese eine selbständige Pfarrkirche oder nur eine Filialkirche war, kann nicht mehr entschieden werden.
Die Bauart der Kirche ist aus dem Bild von 4450 einigermaßen zu erkennen : ein schmaler, langgestreckter Bau mit Ostturm. Holz- oder Fachwerkbau war für ländliche Kirchen des 8. Jahrhunderts die Regel, wie aus einer Rotiz des Lorscher Schenkungsbuchs geschlossen werden kann. Dort wird bei Rennung der Kirche in Dürrmenz (836) besonders vermerkt, daß diese aus Stein erbaut sei^). Der in Hirsau ortskundige Crusius beschreibt die Ruine der Razariuskirche als niedrige Steinhütte, die infolge hohen Alters vollends eingefallen fei 46 )» Demnach war unsere Kirche ein massiver Bau; ob schon ursprünglich oder ob eine vorhandene Holzkirche später in Stein ausgesührt wurde, ist unbekannt.
Vielleicht waren Raummangel und das für Vergrößerung des Friedhofs ungeeignete Gelände für die Platzwahl und Errichtung einer neuen Kirche in der „Blescenowe" bestimmend. Der Grund hierfür könnte aber auch darin zu suchen sein, daß das nach seiner Wiederherstellung (4065) rasch emporblühende und ebenfalls bald unter Raummangel leidende Aureliuskloster die unmittelbar benachbarte Razariuskirche mit zugehörigem Gelände zur eigenen Benützung zu erwerben suchte. Sie dürfte nach Erstellung der neuen Pfarrkirche dem Aureliuskloster als Rebenkirche gedient haben. Trithemius^) bezeugt zu Anfang des 46. Jahrhunderts noch deren Bestand und Crusius nach der Reformation den allmählichen Zerfall des Kirchleins. Rach Zerstörung des Klosters knüpfte sich unter dem bürgerlichen Hirsau an die Flurbezeichnung „beim Kapelle" noch eine schwache Erinnerung an das alte kirchliche Gebäude; heute ist aber auch diese entschwunden und Hirsaus älteste Kultstätte mit Unrecht völliger Vergessenheit anheimgefallen.
Zur Geschichte des Aureliusklosters.
Lange Zeit war die Meinung darüber geteilt, ob die Anfänge des Aureliusklosters ins 9. oder ins 44. Jahrhundert zu setzen seienH. Durch genauere Untersuchungen der geschichtlichen Quellen verbunden mit den Ergebnissen verschiedener Rachgrabungen an dem noch stehenden Westteil
45 ) Cod. Lauresham. Nr. 2337. Daß massive Kirchenbauten um jene Zeit nicht die Regel waren, zeigen auch die Ortsnamen: Steinkirchen und Steinenkirchen (vgl. G. Bossert, Württ. K.G. S. 73).
46 ) Annales Suevici, pars II, liber II, cap. V.
4: ) Annales Hirsaug. I, fol. 2.
J ) Für Klostergründung im 9. Jahrhundert treten ein: 0. Hafner, Regesten zur Gesch. d. schwäb. Klosters Hirsau, Studien u. Mittei], aus d. Gesch. d. Benediktiner- u. Zistercienserordens, 1891, 2. Heft, S. 254ff., und K. Klaiber, Das Kloster Hirsau, 8. 5 ff. A. Helmsdörfer, Forschungen zur Gesch. des Abtes Wilhelm von Hirschau, S. 106ff. bestreitet das erste Aureliuskloster völlig.
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