der Pletschenaumühle, Christoph Meyer der jüngere, Mitglied der bekannten Zeughandelskompagnie zu Calw, erstellte zu Anfang des 48. Jahrhunderts nahe der Mühle eine Braustatt (Bierbrauerei), weiterhin neben einer dort schon bestehenden „ Werkh-Reibin" eine Ohlmühle und endlich noch eine Gerberwerkstätte. Meyer besaß ebenso wie der Wirt zur Herberge das Recht des Getränkeausschanks und hatte dafür „das Ilmbgelt an das Kloster zu reichen" 43 ). In einem Beschrieb aus dieser Zeit ist unter den zum Kloster Hirsau gehörigen Höfen auch angegeben: „Die Tasern (Wirtshaus) beym Closter zu St. Aurelii mit dem Müller" 13 ).
Bei meiner Durchsicht der Ottenbronner Bürgermeister-Rechnungen aus den Jahren 4699—4744 14 ) ergab sich die bisher völlig unbekannte Tatsache, daß in diesem Zeitraum die Pletschenaumühle dem Dorf Otten- bronn zugerechnet war. Die entsprechenden Spalten der Rechnungen tragen die Anschrift: „An allerhand ausgeschriebenen und von der Bürgerschaft auch der hiehero steuerbaren Hirsauer Mühlen eingezogenen Umblagen." Auch verschiedene als Rechnungsbeilagen erhaltene Steuer- veranlagungsschreiben deö Klosteramts sind gerichtet an „Ottenbronn sambt der Mühlen". Zu sämtlichen Veranlagungen — ob es sich um Steuererhebungen des KlosierobecamtS oder um „des sieckhen Ottenbronn gehäufter ohnkösten" handelte — wurde der Mühleinhaber mit überaus hohem Anteil herangezogen. Von vierhundertncunzehn Gulden Steuern, welche das kleine Dorf Ottenbronn von 4699—1704 auszubringen hatte, entsielen auf Christoph Meyer, alö Inhaber der Pletschenaumühle, sünsundsechzig Gulden, also nahezu ein Sechstel der Gesamtsteuern von Ottenbronn. Unter den Inhabern „ausgesessener steuerbarer Güter" sindet sich in den Bürgecmeisterrechnungen dieser Zeit auch der Wirt zur Klostecherberge und der erste nach der Zerstörung des Klosters für die verwaiste Kirchengemeinde ernannte Pfarrer, Johann Peter Beßler 43 ). Dem letzteren wurde bei dessen Wegzug (4707) von Schultheiß und Richtern zu Ottenbronn ein Gulden Steuerrückstand aus einer Wiese rechts der Nagold „als eine Verehrung" erlassen 43 ).
Im „siNeßprotocollum" des Klosteroberamts von 4724 47 ) erscheinen die von Christoph Meyer nahe der Pletschenaumühle erstellten Gebäude: Bierbrauhaus, Gerberwerkstätte, Ölmühle und Werkreibe sowie einige Acker und Wiesen in der Pletschenau bei den steuerbaren Gütern des Dorfes Ottenbronn. Diese Einträge sind von späterer Hand wieder gestrichen und dabei der Vermerk angebracht worden: „Hirsauer Markung".
1S ) Staatsarchiv Stuttgart, Geistl. Lagerbuch Nr. 1171, S. 53. la ) Württ. Landesbibliothek Stuttgart, Cod. hist. Q 65, fol. 15 b. u ) Beim Rathausarchiv Ottenbronn.
15 ) Von 1698 bis 1707.
ls ) Bürgermeisterrechnung von 1707/08 Bl. 30 a.
1J ) Rathausarchiv Hirsau.
Zusammen mit der Klosterherberge und den zugehörigen Wiesengrund- stücken ist sodann der gesamte in Klosternähe besindliche Privatgrundbesitz im Meßprotokoll besonders zusammengefaßt, nicht etwa als Dorf Hirsau, sondern wie die Anschrift lautet, als „die zu Hirsau besindliche beede WihrtS Häußer und Mühlin samt einigen collectablen Wiesen und Gärt- ten". Demnach war noch 4724 der erste Privatgrundbesitz in der Pletschenau dem Dorf Ottenbronn zugerechnet; erst späterhin erfolgte dessen Abtrennung. Eine vom Klostecamtsschreiber gefertigte Beilage zur Heiligenrechnung von 1682 43 ) zeigt ebenfalls mit voller Deutlichkeit, daß die Pletschenau zu dieser Zeit mit Ottenbronn zusammenhing. Dort ist genannt „der Heylige Sanct Bartholomäus uf Pletfchenaw zu Ottenbronn".
Schon in der ersten, noch mehr aber in der zweiten Hälfte des 48. Jahrhunderts veräußerte das Klosteramt unter Vorbehalt des Grundeigentumsrechtes in Klosternähe Bauplätze, Acker- und Wiesengrundstücke sowie eine größere Reihe von sogenannten „ Wildfeldern". Die letzteren werden 4813 mit fünfzig Morgen angegeben 43 ). Käufer waren teils die am Platze schon wohnhaften Kloslerbeamten und -Bediensteten, teils Neuzuziehende, die nun zusammen den Grundstock einer werdenden Gemeinde darstellten. Die Gemeindebildung selbst vollzog sich jedoch sehr langsam, obwohl das neuerstandene Dorf Hirsau 4799 schon dreihundertneunundvierzig Einwohner zählte (ohne Einrechnung der zugehörigen Parzellen: Altburger Sägmühle, heute Bleiche: 48, Ernstmühl links der Nagold: 28 und Lützenhardter Hof: 28 Einwohner). Verschiedene neuerstandene industrielle Betriebe: Papiermühle (1734), Löstelschmiede (4767), eine zweite Papiermühle (4783), Safsianfabrik (4788) begünstigten besonders die Dorsbildung. Die gewerbsame Stadt Calw bot auch damals schon manchen Hirsauer Einwohnern Arbeitsmöglichkeit und Verdienst.
Trotz dieses Ansteigens der Einwohnerzahl fehlte noch zu Anfang des 49. Jahrhunderts in Hirsau die Herausbildung einer selbständigen Gemeindeverwaltung. Die Einwohner besaßen bis dahin nur die Rechte der „Klosterhintersassen". Deren öffentliche Vertretung war Sache des Klosteramtes. Schon vor 4750 bildete sich die Notwendigkeit heraus, für den Einzug der Steuern am Platze einen Bürgermeister zu ernennen. Dieser war jedoch nicht Gemeindevertreter, sondern nnr Steuereinziehec. Nach Aushebung des Klosteroberamts Hirsau (4806) wurde der größte Teil der zugehörigen Klosterorte dem ueugebildeten Oberamt Calw einverleibt, auch Hirsau selbst, das nun — als Zwischenlösung — durch den letzten Klosteramtsschreiber Gmelin bis 4820 seine östentliche Vertretung fand. Gmelin führte zu dieser Zeit den Titel „Stabamtsverweser";
1S ) Rathausarchiv Hirsau, Protocolla über des Hayligen Capitalien, v. 1674 bis 1688. 19 ) Staatsrentamt Hirsau, Akten Gemeindebildungsvertrag.
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