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Flösserei. Allgemeines.

Frühling und Herbst ohne weitere Einrichtungen erfolgen; meist waren jedoch besondere Vorrich­tungen erforderlich.

Um die Masse des Holzes gleichzeitig und gleichmässig ablassen zu können, baute man Sammel­weiher, auch Flossweiher, Flossteiche, Treibseen, Schwallungen, Klausen genannt, in deren ruhigem Wasser da und dort die Hölzer gesammelt wurden, die aber in der Hauptsache dazu dienten, Wasser zur Verstärkung des Flossbachs während der zuvor bekannt gemachten Flosszeit abzugeben (vgl. Beilage 44). Während, und hauptsächlich nach der Flosszeit, suchten die mit Wasserstiefeln und langen Hacken versehenen sogenannten Treibknechte die beiderseitigen Ufer ab und verbrachten das Holz, das durch die Schwellwasser auf das Land geworfen wurde, wieder in die Flussströmung. Das Auffangen des Holzes am Bestimmungsort geschah mit Rechen, die in schiefer Richtung quer durch den Fluss gelegt wurden (vgl. Beilage 46). Sie leiteten das Holz in die anschliessenden Kanäle und Schutzteiche, von wo aus es ausgezogen und auf Lagerplätzen, den sogenannten Holzgärten, zum Trocknen aufgesetzt wurde.

Auf grösseren Flüssen, besonders auf schiffbaren, war diese Art der Wildflösserei ganz un- thunlich; auch war sie mit erheblichen Nachteilen für die Wassertriebwerke, Stauanlagen, Brücken und Ufer verbunden.

Im Gegensatz zur Wild- oder Scheiterholzfiösserei steht das Flössen gebundener Hölzer oder die Langholzflösserei.

Die einzelnen Langholzstämme werden hiebei entweder fest, mit Querstangen und Holznägeln oder beweglich, mit Wieden, die durch Löcher oder Klammern geschlungen werden, neben einander, in einer für die einzelnen Flüsse verschiedenen Gesamtbreite befestigt. Diese sogenannten Gestöre dienen zugleich zur Aufnahme der mitzuführenden sogenannten Oblast, die aus Dielen, Brettern, Rahmschenkeln, Weinbergpfählen, Brennholz und früher hauptsächlich aus Eichen, Eichenholzwaren und dergleichen, teilweise auch aus Pflastersteinen, bestand. Auf der Iller und in der Fortsetzung auf der Donau wird ein einziges derartiges Gestör als Floss verfrachtet, während im Neckargebiet solche Gestöre gelenkartig an einander, bis zu einer Gesamtlänge von 350 m gehängt werden.

In Württemberg wurden nur Flösse mit einer einzigen Lage von Stämmen geführt, während z. B. auf dem Rhein bis zu 2 m tief gehende, aus mehreren Stammlagen bestehende, sogenannte Holländerflösse üblich waren.

Die Langholzflösserei, bei der die Fahrzeuge vom Floss selbst aus geleitet werden, setzt, wie die Schiffahrt selbst, einen Fluss voraus, der der Fortbewegung der verbundenen Holzmasse keine unüberwindlichen Hindernisse entgegensetzt, d. h. entweder einen natürlich flossbaren oder einen durch Wasserstuben, Flossgassen, Zeilenanlagen und dergleichen künstlich flossbar ge­machten Fluss.

Geschichtliches.

Die unwirtschaftliche Behandlung der Wälder, die Sorglosigkeit für Nachwuchs, sowie die Ausrodung zum Zwecke der Ausdehnung des Frucht-, Futter- und Weinbaues auf der einen und die mehr und mehr anwachsende Bevölkerung auf der anderen Seite führten, hauptsächlich in der Umgebung des stark bevölkerten Rheinthals schon im 13. Jahrhundert Holzmangel herbei. Aber auch im württembergischen Unterland machte sich mit der Zeit aus den angegebenen Gründen ein Holzmangel empfindlich bemerkbar.

Diesem Mangel abzuhelfen, war der Schwarzwald mit seinem Holzreichtum sondergleichen um so mehr berufen, als die in ihm entspringenden Wasser unmittelbar an den Mauern der holz­bedürftigen Städte vorbeiflossen.

Aus den spärlichen Notizen dieser Zeit ist zu entnehmen, dass, wie bei der Geschichte der einzelnen Flossstrassen angegeben werden wird, die Flösserei auf dem Neckar, der Enz, der Nagold, der Würm, der Kinzig im 14. Jahrhundert schwunghaft betrieben wurde, ja schon im Jahre 1322*) Gegenstand eines Staats Vertrages zwischen Württemberg. Baden und Heilbronn war.

Ungefahr um das Jahr 1550 wurden, allerdings nur in vorübergehender Weise, die bestehenden Enz- und Nagoldflossverträge auf die Scheiterholzfiösserei ausgedehnt. Auch wurde der Reihe nach die Brennholzflösserei auf der Murr (1517), der Fils (1578), der Rems (1627), der Erms (1675), der Alb (1720) und der Enz-Nagold (1741 endgiltig) eingerichtet bezw. ausgedehnt. Ausser den

') In einigen Büchern ist unrichtigerweise (las Jahr 1342 angegeben.