(Bartholomäus) geweihtH." Im letztere!! Falle ist zwar der Titelheilige der Pletschenaukirche richtig angegeben; eS wird aber von beiden Ver­fassern ein neben dem Kloster bestehendes Dorf Hirsau angenommen, dessen kirchlicher Mittelpunkt die Pletschenaukirche gewesen sein soll. Dieser auch sonst öfters vertretenen Auffassung gegenüber^) stelle ich fest: Es hat nie ein neben dem Kloster bestehendes Dorf Hirsau gegeben; das letztere entstand erst langsam nach Zerstörung des Klosters (1692); eS ist als ein Gebilde des 18. Jahrhunderts zu bezeichnen. (Näheres hierüber im letzten Abschnitt.)

Die Bartholomäuskirche war deshalb während der ganzen Zeit ihres Bestehens nicht die Pfarrkirche von Hirsau, sondern die Kirche der Pfarrei St. Bartholomäus zu Pletzschenau. In der Speiecer Bistumsmatrikel des Bischofs Mathias Ramung (14641478)0) ist die Pfarrpsründe in Pletzschenau genannt alspastoria in Bletznaue", nur das Kloster führt dort den Namen Hirsau''). Das beim Hirsaner Pfarramt vorhandene älteste Kirchenbuch trägt die Aufschrift: Geistlich Lägerbuch ClosterS Hirsau. Ilss des Durchlauchtigsten Hochgeborenen fürsten und Herrn, Herrn Christoph Hertzogen zu Wittenberg Develch ist dieses buch der pfarc pletzschenau zu Hirsau verordnet worden.. ." S)iefe0 erste evangelische Kirchenbuch wird also nicht einer Pfarrei Hirsau verordnet eine solche gab es ja nicht, sondern der Pfarrei Pletzschenau; mit dem Zusatzzu Hirsau" wird nur ausgedrückt, daß die Pletzschenaukirche im Bereich des Hirsaner Klosters lag und damals auch klosterzugehörig war.

Der Name Pletzschenau ursprünglich BleScenowe haftete an­scheinend an dem Gelände rechts der Nagold; er wurde auch der dort er­richteten Kirche beigelegt Z und später noch auf die in deren Nähe erstellte Mühle übertragen:die muli» under der kicchen gelegen genannt pleßnow"Z. Weitere Gebäude waren dort bis zur Zerstörung des Klosters nicht vorhanden; abgesehen von einigen gewerblichen Nebengebäuden der Mühle. Es gab also weder ein Dorf Hirsau noch ein Dorf BleScenowe. Wozu aber dann die dortige Kirche? Schon im zweiten Abschnitt wurden die Orte genannt, die nachweislich noch 1618 zur Kirche des hl. Bartholo­mäus zu Pletzschenau gehörten: rechts der Nagold Ottenbronn, links der Nagold das sogenannte Reichenbacher Amtlin, von welchem in den Heiligenrechnungen namentlich erwähnt sind: Collbach, Undercollbach,

4 ) G. Hoffmann, Spuren hirsauisehen Einflusses in Württemberg, S. 72.

5 ) Fr. Lutz, a. a. O. S. 64.

6 ) Neu herausgegeben von Franz X. Glasschröder in Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz, XXVIII (1907), 8. 75 ff.

7 ) Ebenda 8. 109:Abbacia et monasterium ordinis sancti Benedicti in Hirs- sauwe.

s ) Vgl. hiezu die Anschriebe der älteren Heiligenrechnungen.

°) Ilirsauer Lagerbuch Nr. 1151 (St.A. Stuttgart).

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Eberspiel (Eberspühl), Reichenbach (Oberreichenbach) und Agenbach, weiter ist genanntder Lützenhardt" (heute ein Hof, früher ein Weiler). Wohl sind in den Heiligenrechnungen auch einzelne Beamte und Tag­löhner des Klosters (das Kloster war damals evangelisch-theologisches Seminar) erwähnt; von einem Dorf Hirsau ist aber hier nirgends die Rede.

Unbekannt ist die Zeit der Erbauung unserer Kirche. Erst zum Jahre 1260 ist ein dortiger Priester nachweisbar: Wolfram von BleScenowe, der eine Schenkung des Edelknechts Ludwig von Liebenzell an das Kloster Herrenalb bezeugtes. Ebenfalls in einer Urkunde des Klosters Herrenalb von 1269 ist als Zeuge angegeben: ein Priester in Ditzingen genannt von Bletzcenowe"H)> Die Errichtung der - Pfarrei St. Bartholomäus zu Pletzschenau muß daher vor dem Jahre 1260 erfolgt sein. Als frühester Zeitpunkt für die Erbauung der Kirche könnte bei Berücksichtigung des Titelheiligen das Ende des 10. Jahrhunderts angenommen werden^); genauere Anhaltspunkte hierfür waren bisher nicht zu erbringen. Für die selbständige Besetzung der Kirche zeugen auch verschiedene heute ab­gegangene Flurnamen in der Pletzschenau: Pfacracker^), Pfacrwiese^), sowie Meöner- und Kirchenacker^).

Noch zu Anfang des dreißigjährigen Kriegs hatte die Dartholomäus- kirche einen bedeutenden Grundbesitz zu Ottenbronn. Die Heiligen­rechnung 1617/13 nennt (ohne Maßangabe) ein Ackerstück, das auf­geteilt an 9 Ottenbronner Einwohner verpachtet war, außerdem je ein verpachtetes Feld- und Waldstück. Der Erlös aus diesen Stücken betrug im genannten Rechnungsjahr: 1 Simri Roggen, 2 Simri Dinkel und 9 Simri Hafer. Die Heiligenrechnungen vom Ende des 17. Jahrhunderts nennen diesen Güterbesitz nicht mehr; an ihn erinnert aber noch die Flur »Im Heiligenacker", die im Feldmeß-Protocollum von 1721^) bei Ottenbronn genannt wird. Der auf Ottenbronner Markung liegende Güterbesitz des Heiligen dürfte als der Rest des ursprünglichen Widum- guts der Pfarrkirche anzufehen sein. Dessen Lage wäre dann ebenfalls ein Beweis gegen die irrige Annahme, die Kirche St. Bartholomäus fei die Hirsauer Pfarrkirche gewesen. Ottenbronn war der Hauptvrt der Pfarrei, solange dasReichenbachec Ambtlin" noch zu dieser gehörte.

10 ) Urkunden-Archiv des Klosters Herrenalb, 12. u. 13. Jahrhundert (Mone- Zeitschrift f. d. Gesch. d. Oberrheins 1850, I. Bd., 8, 248.

J1 ) Württ. Urkundenbuch VII, S. 13 f.

12 ) Über die vom Kloster Reichenau ausgehende Verehrung des hl. Bartholomäus vgl. K. Beyerle, a. a. O. I, 8. 390 ff.

15 ) Genannt im Feldmeß-Protocollum von 1721.

14 ) Genannt im Lehensbrief der Klostermühle von 1457 (St.A. Stuttgart B 73). ls ) Genannt im Steuerbuch des Klosteroberamts von 1777 (Rathansarchiv Hirsau).

16 ) Rathausarchiv Hirsau.

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