im Anschluß hieran die auf Anregung des Papstes Leo IX. erfolgte Wiederherstellung des Klosters erwähnt. Demnach erfolgte 1063 die Neubesetzung durch Mönche aus Einsiedeln (Schweiz). Mit ihrem ersten Abt, Friedrich, unzufrieden, bewirkten die Mönche bei Graf Adalbert II. von Calw dessen Amtsentsetzung. Die Wahl stel nun auf Wilhelm, Mönch im Kloster St. Emmeram zu Regensburg, und durch dessen Amtsübernahme 1069 wurde die größte Blütezeit des Hirfauer Klosters eingeleitet.

Als Wilhelm in Hirfau einzog, war der Neubau der 1039 begonnenen Aureliuskirche nur teilweise fertiggestellt. Gebrauchsfähig war wohl der Chor, denn es ist erwähnt^), daß Abt Wilhelm, als er von der nach feinen Begriffen unrechtmäßigen AmtSentsehung feines Vorgängers ge­hört hatte, den Abtssitz iin Chor nicht eingenommen habe. Da die Weihe der Kirche erst zweieinhalb Jahre nach Wilhelms Einzug, im September 1071 , vollzogen wurde, ist anzunehmen, daß dieser tatkräftige und im Bauwesen vorgefchulte Abt die Fertigstellung des neuen Münsters noch sehr gefördert hat 33 ). Schon Klaiber und Paulus haben 1891 die in den Grundmauern noch erhaltenen Nebenchöre als spätere Anbauten erkannt und diese dem Abt Wilhelm zugcsprochen. Sie dürften bei Annahme der cluniazensischen Gewohnheiten ( 1079 ) erstellt worden sein.

Nach Erbauung des neuen Klosters auf dem linken Nagoldufer (Weihe der Peter-Paulskirche 1091 ) diente St. Aurelius als Probstei- kirche. Eine Änderung trat hierinnen bis zu Anfang des 16 . Jahr­hunderts nicht ein, denn nach dem Tod des Abtes Blasius ( 1303 ) war unter den Bewerbern um die erledigte Abtei Conrad von Nüdlingen Custos und Probst des hl. AureliuS jenseits der Brücke" 33 ). Als auf Anordnung des Herzogs Ulrich der Lefemeifter Theodor Raismann 1533 dem Abt und Konvent zu Hirsau die reine evangelische Lehre verkündigen sollte, predigte dieser auch dem Volk in der Aureliuskirche 37 ), Es kam aus diesem Grunde zwischen Abt und Lesemeister zu heftigen Auseinander­setzungen. In dem dann zustande gekommenen Vergleich wurde dem Lesemeister untersagt, die evangelische Lehre weder im Münster (Peter- Paulskirche) noch außerhalb des Klosters, in der Aureliuskirche, zu verkündigen s8 ).

Aus den noch erhaltenen Berichten des zweiten evangelischen Abtes, Johannes ParsimoniuS, über die Hirfauer Klosterhaushaltung 33 ) geht

34 ) Cod. Hirsaug. fol. 4b.

35 ) Wir wissen auch nicht, ob Wilhelm vielleicht noch Planänderungen durch­geführt hat; etwa in bezug auf die Einwölbung der Seitenschiffe?

36 ) Vgl. Chr. Dan. Christmann, Gesch. des Klosters Hirschau, S. 239.

37 ) Ebenda S. 253.

S8 ) Die Aureliuskirche wird dort Pfarrkirche genannt, was sie in Wirklichkeit nicht war. Die Pfarrkirche war in der Pletschenau.

39 ) Vgl. E. Baßler, Abt Johann Parsimonius in Hirsau (15691588) in Bl. f. Wlirtt. Kirchengesch. N. F. XXXI. 1927, Heft 3/4, S. 229 f.

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hervor, daß die sehr baufällig gewordene Aureliuskirche 1578 dem Hir- sauer Forstverwalter als Scheuer und Schafstall diente. Im genannten Jahr bemerken die besichtigenden Räte:Wenn wir nun diese Kirchen mit ihren dreien Türmen notdürftig besichtigt, so bestnden wir, daß cs alles im Dachweck keinnütz und im Abgang ist, das macht, daß selbige länger dann in 50 Jahren zu keinen Kirchensachen nit mehr gebraucht worden ... Soll mau denn zusehen, bis die für sich selbst zu Haussen fällt, so ist zu besorgen, daß es etwan unversehener Sach geschehen und die Le»t beschädigen möcht. Steht demnach zu E. F. Gn. Erwägen und befehlen, was man sich hinfort mit Abbrechen oder Stehenlassen der­selben verhalten solle." Einem Bericht von 1584 ist über den baulichen Zerfall der Aureliuskirche noch weiteres zu entnehmen^ 3 ). Die Räte waren damals der Ansicht,den Grabstein des hl. Aurelius (allein von Alters wegen) hinein in die Klosterkirche, etwa an ein Ort, da er nit irret und viel Wandels zu transferieren und dann das Dachwerk, Kirch und 3 Türme zugleich abzubrechen und die Anstöß daran hin und wieder davon zu tun und ein Stock daran auf 20 oder 23 Fuß hoch, da das Mmuerwerk noch gut, stehen zu lassen, folgends ein schlecht Dachwerk in einer Gleichin und Höhin wieder darauf zu machen und dann wieder zu Holz, Heu, Stroh und anderem darüber in der Trukene zu verwahren zu lassen ..." Auf diesen Antrag der besichtigenden Räte wurde sodann auf herzoglichen Befehl im November 1584 mit dem Abbruch der Aureliuskirche begonnenweil das gebew gar veraltet gewest und sich ansehen lassen, als wenn es einfallen wöllt" bemerkte Parsimonius in feinen Collectaneen^). Die Kirche wurde bis auf den noch heute stehenden unteren Teil des Langhauses abgetragen^ 3 ), der noch vorhandene Rest mit einem gewöhnlichen Dach überdeckt und sodann alssteinerne Scheuer" dem Forstverwalter zur Verfügung gestellt. Späterhin benützte der in Hirsau stationierte Steuerrat und nach diesem der Kameralverwalter die also verunstaltete Kirche ebenfalls als Scheuer und Stall.

Nach einer Notiz bei K. Klaiber^ 3 ) soll ein Hirfauer Maurer 1813 diesteinerne Scheuer" für 610 Gulden auf den Abbruch gekauft haben. Der beabsichtigte völlige Abbruch der Aureliuskirche soll nur dadurch ver­eitelt worden sein, daß der Saffianfabrikant Heinrich Zahn in Hirsau diese von dem genannten Maurer um einen höheren Preis erwarb. Die späteren Darsteller der Hirfauer Geschichte haben diese Angaben meist wortgetreu wiederholt. In Wirklichkeit hatte aber der erste Käufer,

10 ) Abschrift in Pfarrbeschreibung für die Pfarrei Hirsau, 8. 95 f. (Pfarramts­registratur Hirsau.)

41 ) Vgl. Georg Hager, a. a. 0. 1891, Nr. 351, Beil. Nr. 297.

42 ) Die noch stehenden Schiffsaußenwände wurden mehrfach ausgebessert.

43 ) a. a. O. S. 76.

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