Hermann Wulzinger · Über die Hirsauer Atropin-Kur bei Parkinsonscher Erkrankung gramm seiner Klinik machte. Maßgebliche Mit­arbeiterin war ihm dabei seine OberärztinFräu­lein Dr. Anna Kleemann(1891-1974), die 1921, von München kommend, als Dreißigjährige ihren Dienst in Hirsau antrat, zunächst als Assistenz­ärztin, später zur Oberärztin befördert. Eine Frau in diesem Beruf und in dieser Funktion war damals noch eine ausgesprochene Seltenheit. Carl Römer und Anna Kleemann weiteten zusammen die Erfahrungen mit der Atropin-Medikation aus und standardisierten sie auf erhöhtem Niveau, nachdem sich der Calwer Stadtapotheker Reich­mann bei einem Rezept um eine Zehnerpotenz vertan haben soll. Frau Dr. Kleemann publizierte 1928 erstmals allein im Württembergischen Intelligenzblatt über die Hirsauer Erfahrungen mit der Atropin-Behandlung bei postenzephali­tischen Parkinsonkranken. Eine weitere Publika­tion zum Thema folgte 1929 in der Deutschen Zeitschrift für Nervenheilkunde. 1930 trat der Sohn Dr. Helmuth Römer(geb. 1900) in die väterliche Klinik ein, nachdem er in München sein Medizinstudium und bei den Münchner Professoren Romberg und Bumke seine internistische und neurologisch-psychia­trische Facharztausbildung abgeschlossen hatte. Vorwiegend internistisch-neurologischensoma­tischen Behandlungsmethoden zugetan, über­nahm er das Konzept der Atropin-Therapie, verbreitete seine Erfahrungen damit in mehreren wissenschaftlichen Veröffentlichungen und machte die Römer-Klinik als Parkinsonklinik deutschlandweit und international bekannt. Nach dem plötzlichen Tod des Vaters Dr. Carl Römer übernahm er 1934 die Leitung des Hauses(Frau Dr. Kleemann hatte die Klinik bereits 1932 verlassen, um sich in Stuttgart als Fachärztin für Innere und Nervenkrankheiten niederzulassen wiederum als einzige Fachärztin in der ganzen Stadt; 1954 beendete sie ihre Praxistätigkeit, 1974 verstarb sie 83-jährig). 1935 war Dr. Helmuth Römer auf Einladung der italienischen Königin Elena in Rom. Darüber ist keine eigenhändige Aufzeichnung bekannt, aber eine Notiz aus dem Tagebuch der Calwer Künstlergattin Margarete Weinhold, die zu jener Zeit mit ihrem Ehemann, dem Maler Kurt Weinhold, ein Stipendium-Jahr in der römischen Villa Massimo verbrachte. Margarete Weinhold schrieb unter dem Datum des 8. August 1935 in ihrMerkbuch:Nachmittags erscheint Helmut Römer! Er ist Gast der Königin von Italien, die eine Konferenz über Kopfkrankheiten berief. Mehr Text gibt es dazu nicht, aber im Besitz der Familie Römer findet sich ein Foto aus jenen Tagen, das Helmuth Römer, wie auf der Rück­seite vermerkt ist,mit italienischen Würdenträ­gern wohl anlässlich der Einweihung der Parkin­son-Klinik Regina Elena zeigt. Dr. Carl Römer und seine Oberärztin Dr. Anna Kleemann In seiner letzten ausführlichen Publikation (inzwischen war das AtropinpräparatHom­burg 680 auf den Markt gekommen) äußerte sich Dr. Helmuth Römer im April 1939, also wenige Monate vor Kriegsbeginn, auf demIII. Internationalen Kongreß der Sanatorien und Privatkrankenanstalten in Baden-Baden mit einem Vortrag über das ThemaDie Behand­lung des postenzephalitischen Parkinsonismus 139