Yvonne Arras · Die Klöster der Grafen von Hohenberg und die dominikanische Observanzbewegung umso mehr für seine Kirchen- und Klosterpoli­tik. Unterstützte der Herzog die Reform der Dominikanerinnenklöster in Freiburg 1465 noch tatkräftig, wofür ihn Ordensleute mit Lob überschütteten([] hilf und bystand und flissige getrüw[] und besunder[durch den] gutwillig[] fürst von Österreich selbs hertzog Sigmund[] der gnadenrich her und vatter [] 63 ), so versagte derselbe Herzog bei der Reform Kloster Klingentals 15 Jahre später jegliche Hilfe; mehr noch: Er trug sogar maß­geblich dazu bei, dass das Kloster gerade nicht reformiert wurde. 64 Herzog Sigmunds Kirchen­politik gleicht einem Handelnnach Lust und Laune. 65 Ganz anders Kaiser Friedrich III., der sich aktiv für Reformen einsetzte. Schon unter der Regent­schaft Albrechts V. von Österreich wurden die meisten Predigerkonvente Österreichs observant; in diese Tradition reiht sich Friedrich III. naht­los ein. Er stiftete zudem 1468 in Graz ein observantes Kloster. 66 Kaiser Maximilian I. stand der Dominikanerob­servanz wiederum ablehnend gegenüber. Noch auf dem Reichstag 1518 in Augsburg, also wenige Monate bevor er starb, befahl er den Observanten streng, die Nicht-Observanten tunlichst in Ruhe zu lassen. Wie in vielen anderen Angelegen­heiten, hatte er sich auch bei der Klosterreform aus dem Schatten seines Vaters, Friedrich III., gelöst. 67 Unter Maximilian bestand für Kirch­berg, dessen Schirmherr der Kaiser war, nie die Gefahr, observant reformiert zu werden. Das Leben der Schwestern ohne Reform Anders als Maria-Reuthin, das nach der Reform dem observanten Ordenszweig anheimfiel, gehörte Kirchberg nach dem Scheitern derselben zur nicht-observanten Fraktion des Ordens (oberdeutsche Kongregation genannt), die sich bis 1515 auf 13 Brüder- und 18 Schwesternkon­vente reduziert hatte, 68 Kirchberg war einer davon. Die Lebensweise der Kirchberger Klos­terfrauen unterscheidet sich in manchen Berei­chen von derjenigen der Reuthiner Schwestern. So waren die Kirchberger Schwestern z. B. nicht vollständig von der Öffentlichkeit abgeschottet und durften auch verreisen. Darüber gibt eine so genannteneue Ordnung 69 vom Juli 1516 Auskunft. Diese neue Ordnung wurde erlassen, als eine Diskrepanz zwischen dem Schirmherrn, Maxi­milian I., und dem Zollerngrafen Franz Wolf­gang aufbrach. Franz Wolfgang glaubte Anspruch auf die Kastvogtei Kirchbergs zu haben. Margarethe von Ow, derzeit Priorin von Kirchberg, beschwerte sich in Innsbruck:Die zollrischen faren uff unser wunn und wayd unnd wyter dann byss her der br[a]uch ist gewesen unnd wir vermain das sy nit recht haben. 70 Maximilian duldete die Frechheiten des Zollern­grafen freilich nicht. Für April 1516 wurde eine Verhandlung in Innsbruck anberaumt, wo (wenig überraschend) entschieden wurde, dass Franz Wolfgang kein Recht auf die Vogtei habe. Doch der Zollerngraf verbreitete die Lüge, dass der Kaiser die Vogtei an ihn, Franz Wolfgang, abgetreten habe. Das verwirrte die Schwestern, es kam zu Streitereien. Um die Sache zu klären, zog der Kaiser seinen Vertrauten, den Augsburger Dominikaner Dr. Johannes Faber zu Rate. Faber war als Generalvikar der oberdeutschen Kongre­gation und damit als geistliche Obrigkeit Kirch­bergs befugt, einzugreifen. 71 Die neue Ordnung verdeutlicht, dass die Kirch­berger Schwestern mehr Freiheiten genießen, als etwa die Schwestern in Maria-Reuthin: So dürfen sie ihrlipgeding 72 oder ander haben, dar in auch was sy mit irer arbeit zu wegen bringen, das mügen sy wol behalten; die privaten Güter müssen allerdings der Priorin angezeigt werden. Der Gottesdienst musstag und nacht trülich gehalten werden, außerdem sollen die Schwes­tern täglich mit Eifer singen und lesen, sich also gewissermaßen weiterbilden. Fastenzeit und Kleiderordnung betreffend sind die Ordenssta­tuten zu konsultieren. Die Besuchszeiten im Kloster sind relativ offen: Demnach sindder 186