Oskar Wössner · Ein Leben für Freiheit und Demokratie von den Verzweigungen des SPD-Widerstandes bekam, geriet auch die Gruppe um Fritz Henßler ins Fadenkreuz der Fahnder. Am 25. April 1936 wurde er in seiner Wohnung verhaftet und kam zwölf Monate lang in Untersuchungshaft. Danach wurde er dem Oberlandesgericht in Hamm überstellt, zu seinem Glück nicht dem Volksgerichtshof in Berlin. Den VorwurfVor­bereitung des Hochverrats konnte ihm das Gericht nicht nachweisen. In seinem mutigen Schlusswort vor den Nazirichtern erklärte er: Ich war und bin demokratischer Sozialist in der festen Überzeugung, dass letzten Endes jede Gewalt-Politik durch sich selbst gestraft wird und an sich selbst zugrunde geht. Das Gericht verurteilte ihn wegen des Verstoßes gegen das Gesetz der Neubildung von Parteien zu einem Jahr Gefängnis. Gefangener des NS-Staates Obwohl Fritz Henßler die Strafe eigentlich durch die Untersuchungshaft bereits verbüßt hatte, wurde er nicht entlassen, sondern kam sofort in dieSteinwache, von wo aus er am 7. Juni 1937 in das Konzentrationslager Sach­senhausen eingeliefert wurde. Ironie der deut­schen Geschichte in dieser Zeit: Während er dort von den SS-Wachmannschaften als Sozialdemo­krat besonders drangsaliert wurde und zugrunde gerichtet werden sollte, residierte sein jüngerer Bruder Heinrich nur wenige Kilometer entfernt als Führer im Stab des SS-Personalhauptamtes. Über die unbeschreiblichen Qualen im KZ hat Fritz Henßler in der Öffentlichkeit nie gespro­chen und beschränkte sich auf die Formel übliche KZ-Behandlung . Als geistig Schaffender war er den körperlichen Strapazen nicht gewach­sen und nahm gesundheitlichen Schaden. Mehr­fach war er dem Tode nahe und überlebte letztlich nur durch die Hilfe anderer Häfltlinge. Auch Pakete seiner Frau und seiner Schwester aus Altensteig stärkten seinen Widerstandswil­len. Mithäftlinge berichteten, dass er im Lager an politischen Gesprächen beteiligt war, in denen auch Zukunftspläne für das Nachkriegs­deutschland diskutiert wurden. Nach dem Tode von Ella Henßler(1991) kamen Aufzeichnungen zum Vorschein, die Fritz Henß­ler unmittelbar nach seiner Befreiung im Mai 1945 und vor seiner Rückkehr nach Dortmund geschrieben hatte. Darin rechnet er mit den NS-Schergen ab, die ihn im KZ gequält hatten, und nennt auch ihre Namen. Auch beschreibt er das Treiben der Lumpen und Verbrecher in Häftlingskluft. Damit meinte er Inhaftierte, die nicht nur willige Helfer der SS-Leute waren, sondern diese in der menschenverachtenden Behandlung ihrer Mithäftlinge noch übertrafen. Ein besonders erschütterndes Dokument stellt seine Beschreibung desHäftlingstrecks von Sachsenhausen nach Schwerin dar. Am 20. April 1945, Dortmund war bereits von den Briten besetzt, musste sich Henßler auf denTodes­marsch Richtung Mecklenburg begeben. Die Verpflegung war katastrophal, Hilfslieferungen des Roten Kreuzes allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. Wer krank war, entkräftet zurück­blieb oder einfach nicht mehr konnte, wurde durch Genickschuss getötet auf diesem Marsch etwa 6 000 Menschen. Fritz Henßler entging diesem Schicksal nur mit Glück, obwohl er wiederholt zusammenbrach. Befreundete Mithäft­linge richteten ihn aber immer wieder auf. Gleich­zeitig zeigten sich bei den Wachmannschaften Auflösungserscheinungen, zumal Feindflieger Flugblätter abwarfen, die den SS-Leuten androh­ten, dass jeder zur Rechenschaft gezogen werde, der sich an Häftlingen vergehe, und Ausreden, nur auf Befehl gehandelt zu haben, nicht aner­kannt würden. Schließlich konnte Fritz Henßler in der Nähe von Schwerin einem Lehrer-Ehepaar übergeben werden, das ihn in einer Gartenlaube versteckte, wo er das Kriegsende abwartete. In den Wirren der unmittelbaren Nachkriegszeit gelangte er im Juni 1945 nach Dortmund. Führungsrolle in der SPD Ungebrochen von der langen Haft nahm Fritz Henßler unmittelbar nach seiner Rückkehr die politische Arbeit beim Aufbau der SPD in 172