Oskar Wössner · Ein Leben für Freiheit und Demokratie verbandes am 1. Mai 1905 bedeutete einen Bruch mit den Traditionen seines Elternhauses. Beginn der politischen Tätigkeit Als Zwanzigjähriger ging Fritz Henßler als Hand­werkergeselle auf Wanderschaft und kam 1908 nach Münster, wo er als Schriftsetzer arbeitete und sich nach einem Zehn- oder Zwölfstunden­tag ehrenamtlich in der SPD engagierte. Da die 70 000 Einwohner zählende, von einem preu­ßischen Beamtenapparat geprägte Stadt von der Industrialisierung kaum betroffen war und die überwiegend katholische Bevölkerung sich poli­tisch demZentrum nahestehend fühlte, waren die Voraussetzungen für die Verbreitung sozial­demokratischer Ideen ungünstig. Fritz Henßler, der bereits 1908 im Vorstand des SPD-Wahlver­eins Münster-Coesfeld war, setzte sich mit aller Kraft dafür ein, die SPD zu stärken und deren Vorstellungen den Werktätigen in Versamm­lungen, Kundgebungen und mit Flugblättern nahe zu bringen. Im ersten von ihm verantwor­teten Flugblatt wandte er sich gegen die Pläne desZentrums, die indirekten Steuern zu erhö­hen, was seiner Meinung nach hauptsächlich den kleinen Arbeiter getroffen hätte. Besonderen Zulauf erhielt die sozialdemokratische Bewegung durch den Kampf um die Wahlrechtsreform gegen das Dreiklassenwahlrecht. So kann es auch nicht verwundern, dass sein Name bald in den schwarzen Listen der polizeilichen Überwa­chung stand. Als Fritz Henßler 1910 Münster in Richtung Dortmund verließ, dürfte er eine schwer zu schließende Lücke in der sozialdemo­kratischen Bewegung der Stadt hinterlassen haben. In einem Bericht der Behörden heißt es, dass…durch den Fortzug des Agitatoren und Führers Henßler den hiesigen Sozialdemokraten sozusagen die Leitung fehlt. In Dortmund traf Fritz Henßler auf eine bereits traditionsreiche und durchorganisierte SPD mit fast 10 000 Mitgliedern. Bei den Reichstags­wahlen von 1912 konnte die Partei ihre Führung auf 44,8% ausbauen. Damit war die Grundlage zu einer Massenpartei gelegt, die im Gegensatz zu den bürgerlichen Honoratiorenparteien auf der Basis einer breiten Mitgliedschaft ihre politischen Ziele zu verwirklichen suchte. Kurze Zeit arbeitete Fritz Henßler als Schriftsetzer in einer Druckerei, ehe er in die Redaktion derArbeiter-Zeitung berufen wurde. Dort begegnete er dem vier Jahre älteren Ernst Mehlich, dem er sich bald freund­schaftlich verbunden fühlte und der zu seinem politischen Ziehvater wurde. Als dieser 1926 bei einem Zugunglück ums Leben kam, übernahm Fritz Henßler die Vormundschaft über die sieben Mehlich-Kinder, die zuvor schon ihre Mutter verloren hatten. Persönlich lebte Fritz Henßler in äußerst bescheidenen Verhältnissen und inves­tierte fast seinen ganzen Lohn in Bücher. Schon bald verfügte er über eine Bibliothek mit allen bedeutenden Theoretikern des Sozialismus und auch mit schöngeistiger Literatur. Die Redaktionsarbeit war eine nicht ungefähr­liche Tätigkeit. Wegen dreier Artikel musste Fritz Henßler auch bald eine Gefängnisstrafe von zwei Monaten absitzen. In einem Artikel wurden die Soldatenmisshandlungen im alten Preußen angeprangert. Dieser stammte jedoch nicht von Fritz Henßler, der aber die Strafe auf sich nehmen musste, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch nicht Chefredakteur war. Als Junggeselle war er der turnusmäßigeSitzredak­teur, also derjenige, der die verordneten Strafen absitzen musste. Vom Redakteur zum Soldat Nach dem Kriegsausbruch 1914 wurde auf Betreiben der Militärbefehlshaber über die Arbeiter-Zeitung die Vorzensur verhängt, weil …trotz wiederholter Warnungen die vaterlän­dische Begeisterung beeinträchtigt worden sei. Während des Krieges wurden Artikel regelmäßig beanstandet undzensiert, auch wurde die Zeitung immer wieder verboten. Wie Fritz Henßler persönlich zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges stand, kann indessen aus seinen Artikeln in derArbeiter-Zeitung nicht heraus­168