Horst Roller und Reinhold Schäffer · Die Stammheimer Steinkreuzegeld“= gerichtlicher Wert einer Person).11Späterkamen noch kirchliche Bußen, die„Seelgeräte“,hinzu. Ein Nagolder Sühnevertrag von 1494zählt einige auf: Der Täter musste 30 Seelenmessen lesen lassen und in einer Prozession von 20Männern, die Kerzen tragen, ein steinernesKreuz setzen... Es konnten auch Wallfahrtenoder Geld und Spenden von Kerzenwachs anKirchen und Klöster vereinbart werden. Bekanntsind auch Sühneverträge aus Herrenberg(1474),Altensteig(1494) und Pforzheim(1520).12Die Sühnekreuze wurden in der Regel an einemviel begangenen Weg aufgestellt, wie das auchbei den Stammheimer Kreuzen der Fall war. Siesollten Vorübergehende veranlassen, für dieunvorbereitet Verstorbenen zu beten. Die ältesten Steinkreuze sollen aus den Jahren 1212 und1287 stammen13und anfangs nur für vornehmere Personen angefertigt worden sein. Um1410 hatte der Stammheimer Müller der Klostermühle im Mühlgässle einen Totschlagbegangen.14Möglicherweise wurde von ihm einSühnekreuz aufgestellt. Der Hirsauer Abt entzogihm die Mühle und verlieh sie einem anderen.Ein Gedenkkreuz für einen Erschlagenen stehtin Mühlhausen bei Tiefenbronn und trägtfolgende Inschrift:171595DEN 8 TagFEBRUARIAN DISE ORT DO WART ERSCHLAGENJERG PFEFFLIN VON MERKLINGENDAS THUR ICH KLAGENAndere Überlieferungen sprechen von Schweden-, Franzosen- oder Russenkreuzen; sie vermuten unter den Kreuzen gefallene Soldaten.Nicht wenige Steinkreuze sollen angeblich auchauf Pestgräbern stehen. Losch schreibt:„BeimSteinkreuz von Wittmersklingen GemeindeEttenhausen Kreis Crailsheim wurden zweiFräulein von einem Wolf überfallen, eine mussteihr Leben lassen“.18In Rotfelden soll ein Steinkreuz errichtet worden sein(steht bei AlterWeinstraße, Bergwald), weil dort – nach dervolkstümlichen Überlieferung –„im Jahr 1813zum letzten Mal ein Kind von einem Wolfgetötet worden sei“.19Die Möglichkeit, Tötungsdelikte privat zuregeln, wurde allmählich beendet. Nach 1530findet man zumindest auf altwürttembergischemBoden keine Sühnekreuze mehr. Von da abwurde die staatliche„Halsgerichtsordnung“ bzw.die„Peinliche Gerichtsordnung“ Kaiser Karls V,die Carolina, eingeführt.151634 war z. B. derAdressat für gerichtliche Mitteilungen an dieStadt Calw:„Stabhalter, Burgermaister undRichter des Peinlich halßgerichth zue Callw“.16Was sind Gedenkkreuze?Gedenkkreuze stellte man in der Regel dort auf,wo das Unglück geschehen war. Deshalb sindSteinkreuzsagen oft mit einem Unfall verknüpft.Am häufigsten werden Blitzschlag, Unglücksfällebei Waldarbeiten, mit Fuhrwerken, mit Hochzeitskutschen oder Postkutschen, durch scheuendePferde oder durch umgefallene Heuwagen genannt.Die Zeichen auf SteinkreuzenZeichen, Inschriften oder Jahreszahlen findensich auf ca. 370 aller 800 Steinkreuze, die inBaden-Württemberg registriert sind, zehndavon tragen Wappen. Im Kreis Calw stehenüber 30 Steinkreuze.20Das häufigste eingehauene Zeichen, besonders in den Kreisen Calw,Horb und Rottweil, ist die heute unbekanntedreieckige Form der„altdeutschen“ Pflugschar.Sie wird auch als Scharboden, Scharblatt oderPflugeisen bezeichnet. Der hintere Teil istbeidseitig nach oben gebogen und umfasst sodas Holz am Pflugkörper, auf das er aufgeschoben ist(Bild 8). Auf Darstellungen kann dieSpitze nach unten oder oben zeigen(vgl. Bild 1und Bild 11). Die altdeutsche Pflugschar istmanchmal auch auf historischen Grenzsteinenzu sehen. Sie soll dann auf der entsprechendenSeite des Steines als Zeichen des Bauernstandes160