R. Kuhn mit C. Knecht und S. Eisele · Die Fleischbeschau im Landkreis Calwschlachtenden Tiere lebend angesehen und, soweitfür in Ordnung befunden, mit einem Byblosblattund Siegelerde als zur Schlachtung freigegebengekennzeichnet. Der„Prüfer“ war auch währendder Schlachtung und während des Ausweidenszugegen und führte„Geruchsproben“ an dengeschlachteten Tieren durch. Diese Prüfungbeschränkte sich vermutlich auf Opferrituale undwurde von Priestern durchgeführt.Im antiken Rom gab es Beamte, die für dieÜberwachung sämtlicher angebotenen Lebensmittel zuständig waren, auch für die Beaufsichtigung der Schlacht- und Viehmärkte. Der Verkaufunbeschauten Fleischs war unter Geldstrafe verboten. Dieses System kann als Urform der staatlichen Fleischhygienekontrolle angesehen werden.bei der ersten Schlachttierbesichtigung als gesundbefunden wurden, weitere drei Tage stehen zulassen und vor der Schlachtung ein weiteres Malzu besichtigen. Immer mehr kranke Tiere wurden dann zum Schlachten ins Ausland verbracht,weshalb im gleichen Jahr ein Einfuhrverbot fürgeräucherte und gesalzene Fleischwaren erging.Als es Ende des 18. Jahrhunderts in Paris zueinem ausgeprägten Fleischmangel kam, landetefast das gesamte Fleisch aus Abdeckereien imFleischhandel. Aus diesem Grund ordnete Napoleon I. 1807 für Paris erstmals den allgemeinenSchlachthauszwang an. Sämtliche privatenSchlachtungen wurden untersagt. Später verbreitete sich der staatlich angeordnete Schlachthauszwang von Paris aus in viele Länder Europas.Mit Einführung der Sittengerichte im Christentum Mitte des 8. Jahrhundert verbot PapstZacharias(741–752 n. Chr.) den Genuss kranker und verendeter Tiere. Dies wurde von denspäteren weltlichen Behörden in den Grundlagen der Marktverordnungen beibehalten.Im Deutschland des 13. Jahrhunderts schlossensich die Metzger zu einem Gewerbe zusammen,das die Schlachttier- und Fleischuntersuchungfortan durch„geschworene“ Meister durchführenließ. Zu dieser Zeit schlachteten die Metzger inder Regel noch in den Gassen oder Hinterhöfen.Im Jahr 1350 errichtete Ulm erstmals einenöffentlichen Schlachthof mit Benutzerzwang, und1394 erließ die Stadt Regensburg die Verordnung,dass alle Schlachttiere lebend in die Stadt gebrachtwerden mussten, um sie vor Ort vor dem Schlachten auf ihren Gesundheitszustand zu überprüfen,also eine Form der heutigen Lebendbeschau.Einen dramatischen Rückschlag erfuhr die Entwicklung der Schlachttier- und Fleischuntersuchung im Dreißigjährigen Krieg. Viele Schlachthäuser gingen ebenso wie zahlreiche Errungenschaften bezüglich der Schlachttier- undFleischuntersuchung verloren und mussten mühsam neu aufgebaut werden. 1716 ordnete einhannoversches Reskript erstmals an, Tiere, dieAnfang des 19. Jahrhunderts wurde in vielendeutschen Städten die Gewerbefreiheit eingeführt und zusätzlich die Fleischtaxen abgeschafft,was einen Zerfall der bisherigen Qualitätsbeurteilung des Fleisches zur Folge hatte und sie aufein Minimalniveau sinken ließ. In der zweitenHälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich dieTierheilkunde in enormer Geschwindigkeit zueiner anerkannten Wissenschaft, und auch der„Sozialhygiene-Gedanke“ gewann immer mehran Bedeutung, was eine enorme Verbesserungder Standards in der Schlachttier- und Fleischhygiene zur Folge hatte. 1868 ordnete Preußen alserster deutscher Staat den Schlachthauszwang fürgewerbliche Schlachtungen an. Das Modell setztesich nach und nach in Mitteleuropa durch, wobeidie Schlachthäuser meistens in kommunalemBesitz waren.Bereits 1835 entdeckte Richard Owen in derMuskulatur eines Toten einen Parasiten, den er als„Trichina spiralis“(Trichine) bezeichnete. 1860wurde durch Friedrich Albert Zenker der Beweisfür die Trichinenerkrankung des Menschen durchden Verzehr von trichinellösem Schweinefleischerbracht. Die obligatorische Trichinenbeschau,also die mikroskopische Untersuchung vonSchweinefleisch auf Muskellarven von Trichinellaspiralis, wurde in Preußen 1886 eingeführt.136