Joachim Schneider · 500 Jahre Hirsauer Annalen des Johannes Trithemius und ihr Bild vom FürstenDiese Bischofsviten folgen, wie sich zeigt, keinemfesten Muster, sondern differieren voneinander,entsprechend dem jeweiligen Profil des Herrschers,und sind dabei durchaus individuell und lebensnahgehalten, verzichten allerdings auch auf jeglicheKritik. Bei Mathias Ramung von Speyer fällt,ähnlich wie schon bei Hermann von Hessen, demErzbischof von Köln, die Akzentuierung einergeistlichen, frommen Amtsführung auf, so mit derBetonung der regelmäßigen persönlichen Zelebrierung des Heiligen Abendmahls – auch bei Anwesenheit des einfachen Volkes, was hervorgehoben wird.Eberhard im Bart von WürttembergDoch kommen wir zum Abschluss naheliegenderWeise auf eines der ausführlichsten Fürstenportraits in den Hirsauer Annalen zu sprechen: aufdasjenige Eberhards im Bart(1445–1496), desGrafen bzw.(seit 1495) Herzogs von Württemberg(Ann. II, 560f.). Das Portrait findet sichanlässlich des Todes des Herzogs 1496 in denAnnalen eingereiht – in der Sponheimer Chronikfehlt der umfangreiche Eintrag noch, dort wirdEberhard lediglich anlässlich seiner Erhebung inden Herzogsstand 1495 kurz charakterisiert(Chron. Sponh., 407). In den Hirsauer Annalenerinnert Trithemius anlässlich des Todes desHerzogs zunächst noch einmal an seine Erhebungim Jahre zuvor in Worms, die König Maximilianaufgrund der persönlichen Eigenschaften diesesFürsten vollauf verdientermaßen vorgenommenhabe. Bestattet worden sei der Herzog im von ihmgegründeten Kloster St. Peter im Schönbuch(dem heutigen Einsiedel). Es folgt ein Hinweisauf die vergleichsweise kleine Statur des Herzogs,der jedoch herausragende Geistesgaben gegenübergestanden hätten. Dazu kam eine beispielhafteReligiosität, die sich im Bau neuer und derRenovierung baufälliger Kirchen gezeigt habe.Mönche eines vorbildlichen religiösen Lebenshabe er verehrt und sie in jeder Weise gefördert,den Priestern habe er ebenfalls die schuldige Ehreerwiesen und ihre Privilegien und Freiheitenunverletzt bewahrt und überhaupt sei er einHüter der christlichen katholischen Kirche geweEberhard im Bart von Württemberg – Erinnerung an denKlostergründer(dargestellt kniend mit einer Palme, um dieein Titulus mit seinem Motto attempto geschlungen ist);kolorierte Federzeichnung des Tübinger SchlosshauptmannsNikolaus Ochsenbach(1562–1626), vielleicht auf einerälteren Vorlage beruhend, eingeklebt in einen noch vonEberhard veranlassten Frühdruck der gedruckten Stiftungsbriefe für das Stift St. Peter im Schönbuch, Ulm 1493.sen; gottesfürchtig und die Sünde meidend, denGeboten Gottes und der Kirche gehorchend habeer auch für sein eigenes Seelenheil vorgesorgt.Mit den benachbarten Fürsten und Reichsstädten habe er, soweit es an ihm lag, immer Friedengehalten, und selbst habe er als Vermittler undFriedensstifter gewirkt. Seinem Volk habe er sichals gerechter Richter erwiesen, nie sei er bewusstvom Weg der Gerechtigkeit abgewichen. Besonders hebt Trithemius die gute„Personalauswahl“Eberhards hervor: Immer habe er geeignete114