Joachim Schneider · 500 Jahre Hirsauer Annalen des Johannes Trithemius und ihr Bild vom FürstenWerben für einen neuen großen Kreuzzug gegendie Türken fallen unter den Tisch.Joachim von Brandenburg: der gelehrte Fürstweltlichen StandesAnlässlich der Meldung der Geburt Markgraf Joachims von Brandenburg(1484–1535) kommtTrithemius ausführlich auf diesen Fürsten zu sprechen, mit dem er enge persönliche Beziehungenpflegte: Von Jugend auf sei Joachim an die Literaturherangeführt worden, habe die lateinische Sprachenicht nur verstanden und gelesen, sondern auch auseigener Erfindung und mit eigener Hand rhetorischgeschliffene Briefe verfasst, was äußerst selten sei beiden deutschen Fürsten. Mit dem Legaten desApostolischen Stuhls habe er in hervorragendemLatein gesprochen – was alle Anwesenden bewundert hätten. Trithemius hebt die Kenntnisse Joachims in der alten wie der neueren Geschichte und inder Mathematik hervor und seine allgemeineGelehrtheit. Zudem sei er generell ein großer Förderer der Wissenschaften, wie er auch kürzlich erstdie Universität in Frankfurt an der Oder gegründetund mit Privilegien und Pfründen hervorragendausgestattet habe. Schließlich sei er in Umgangsformen und Worten souverän, aber nicht streng,fröhlich, aber nicht ausgelassen, menschlich undnicht grausam, mild und nicht stolz. Obwohl er indieser Weise den Wissenschaften zugewandt sei, soregiere er doch sein Fürstentum nicht minderaufmerksam, sondern klug und angemessen. Geliebtwerde er von seinen Untertanen, weil er eingerechter Richter sei, der niemals persönlichenNeigungen nachgebe und niemals jemanden fürGeld frei spreche. Ja Trithemius meint sogar:solange ein solcher Mensch unter den Lebenden sei,sehe er dies als Mahnung, selbst mit dem Schreibenkeineswegs nachlassen zu sollen(Ann. II, 519).Kurfürst Joachim I. von Brandenburg 1529(Lucas Cranach d.Ä.)112Hermann von Hessen: der geistliche BischofHermann von Hessen, Erzbischof von Köln(1449/50–1508), lobt Johannes Trithemius überdie Maßen – was etwas überraschend erscheint,da er die Art und Weise, wie Hermann zunächstgegen Erzbischof Ruprecht von der Pfalz alsAdministrator installiert und wie der Pfälzerdadurch beiseite gedrängt wurde, hart kritisiert(Ann. II, 484, 499). Doch dann hebt Trithemius– er stand mit dem Kölner Erzbischof in freundschaftlichem persönlichem Kontakt – die allseitshervorragenden Eigenschaften Hermanns hervor: seine Klugheit, seine Weisheit, seineUmgangsformen, sein Verhalten gegenüber denArmen etc. Dann aber auch seine Reformtätigkeit bei Männer- und Frauenklöstern. Stets habeer für Äbte, Mönche, Kleriker und Nonnen einoffenes Ohr gehabt und sei stets ein Tröstergewesen für alle, die ihn aufgesucht hätten. Auchwenn er fürstlicher Herkunft gewesen sei, wardoch kein Stolz, keine Überheblichkeit undkeinerlei Verachtung für Arme und Niedrige bei