Joachim Schneider · 500 Jahre Hirsauer Annalen des Johannes Trithemius und ihr Bild vom Fürsten Dieser Befund bestätigt sich schließlich auch bei Friedrich dem Siegreichen(1425–1476), nun wirklich einem Paradebeispiel eines machtbe­wussten, kriegerischen Fürsten der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Beide Chroniken lassen keinen Zweifel an diesem Herrscher aufkommen, der die Kurpfalz in zahlreichen erfolgreich bestrit­tenen Kriegen auf den Höhepunkt ihrer Macht führte. Die römisch-rechtliche Arrogation, die lebenslange Übernahme der Regierungsgewalt für seinen Neffen als entscheidender reichsrechtlicher Streitpunkt sowie die Argumentation des Kaisers gegen den Pfälzer kommen allerdings nur in den Hirsauer Annalen zur Sprache, die damit diffe­renzierter berichten als die Sponheimer Chronik, ohne aber den Pfälzer zu delegitimieren. Auffäl­liger Weise rechtfertigen die Hirsauer Annalen zudem die jahrelange Kriegstätigkeit Friedrichs, zusätzlich zu den Motiven der Sponheimer Chro­nik, mehrfach mit dem Ziel des Schutzes der Armen vor Gewalt und Unrecht. Der Schutz der eigenen fürstlichen Rechte und der fürstlichen Ehre reicht offenbar für Trithemius in den Hir­sauer Annalen nicht mehr aus, sondern es werden weitere, moralisch-christliche Herrschaftsziele zur Legitimierung der Kriegsführung herangezogen. Doch ziehen wir nun noch einige weitere Fürstenportraits des 15. Jahrhunderts heran: Bernhard von Baden ein Fürst wird zum Heiligen Bernhard II. von Baden(1429–1458) blieb nach einem öffentlichen Gelübde bis zu seinem Lebens­ende keusch, so Trithemius in den Hirsauer Annalen in der Sponheimer Chronik wird Bernhard nicht erwähnt.Seit seiner Kindheit führte er ein reines, gottesfürchtiges Leben. Wenn er auch Waffen trug, dann doch so, dass er niemand angriff, verletzte oder ihm irgendeine Schmach zufügte. Lange Zeit diente er am Hofe Kaiser Friedrichs III., hielt sich aber von den Sünden der Hofleute fern, im Geist und mit seinen Werken einem Mönch ähnlicher als einem Ritter. Ein Liebhaber der Armen, ein liebevoller Advokat der Bedürftigen. Wann immer er im Umfeld des Markgraf Bernhard II. von Baden. Darstellung auf der Innenseite des linken Flügels des Hochaltars der Kirche St. Nikolaus in Babenhausen(Hessen); identifizierbar durch das beigegebene badische Wappen; bedeutender spätgotischer Schnitzaltar(Anfang 16. Jh.), wahrscheinlich Stiftung durch die Großnichte Bernhards II., Sibylle von Baden. Mit Bern­hard fand ungewöhnlicher Weise ein Laie auf einem Altar Platz, was durch die Vorstellung eines heiligmäßigen Lebens und die enge Verwandtschaft mit Sybilla zu erklären ist. Kaiserhofes einen Mönch oder armen Kleriker oder einen Bauern oder wen immer sonst erblickt hatte, der wegen seines niedrigen Standes oder seiner Armut zum Kaiser oder seinen Beamten nicht vordringen konnte, übernahm er selbst um der Liebe Gottes willen das Amt eines getreuen Fürsprechers, förderte die Sache des Armen und ließ nicht davon ab, bis er das Anliegen des Armen nach dessen Wunsch befriedigt hätte. Bernhard half den Armen mit Kleidung aus, betete regelmä­ßig und inbrünstig, schlief nie, bevor er gebeichtet hatte, war jederzeit bereit, in Furcht vor Gott den Tod zu erwarten. Trithemius habe vor mehr als 30 Jahren noch viel mehr über diesen Mann gehört, von Adligen, die sich mit Bernhard am Kaiserhof aufgehalten hätten(Ann. II, 459f.). Die von Trithemius gebotene Biographie Bernhards bleibt sehr fragmentarisch und akzentuiert lediglich solche Elemente heiligmäßigen Lebens, auf die es dem Autor offenbar ankam. Bernhards kriegerische Tätigkeiten etwa in Oberitalien, aber auch sein 111