Joachim Schneider · 500 Jahre Hirsauer Annalen des Johannes Trithemius und ihr Bild vom Fürsten ihm dann helfen würden, den wahren Sinn der Botschaft zu verstehen. 7 Johannes Trithemius(wohl nicht lange vor 1506); Zeichnung eines unbekannten Meisters Johannes Trithemius war ein vielseitiger Mönch und Gelehrter. Der Sprachwissenschaftler und Romancier Umberto Eco führte ihn in seinem RomanDas Foucaultsche Pendel von 1989 mit seiner vielfach bewunderten Sprachkenntnis, aber auch einer eher dunklen, rätselhaften Seite des Gelehrten ein, der Vorliebe für die Schwarze Magie:Faszinierender Kerl, dieser Trithemius. Benediktinerabt in Sponheim, auf der Wende vom fünfzehnten zum sechzehnten Jahrhundert, ein Gelehrter, der Hebräisch und Chaldäisch konnte, dazu orientalische Sprachen wie das Tatarische; stand in Verbindung mit Theologen, Kabbalisten, Alchimisten, tarnt seine Enthül­lungen über Geheimschriften mit nekroman­tischen Possen, sagt zum Beispiel, man müsse chiffrierte Botschaften absenden…, und der Empfänger müsse dann Engel anrufen wie Pamersiel, Padiel, Dorothiel und so weiter, die 1462 wurde Johannes, der einer Familie von Weinbauern entstammte, in Trittenheim an der Mosel geboren. Schon als 15jähriger hatte er, eigener Erzählung der Sponheimer Chronik 8 zufolge(Chron. Sponh., 395), einen Traum, in dem er sich, vor die Wahl zwischen zwei Wün­schen gestellt, die er selbst schon länger verfolgte, für den Weg der Wissenschaft entschied. Am nächsten Tag bereits nahm sein Leben nämlich eine Wendung, und es eröffnete sich für Trithe­mius die Möglichkeit, gegen alle Widerstände diesen von ihm ersehnten Weg zu gehen. 1482 trat er dann in das Benediktiner-Kloster Spon­heim ein, und schon 18 Monate später wurde er zum Abt gewählt. Rasch wurde das Kloster Spon­heim unter ihm zu einem Zentrum des frühen deutschen Humanismus. Die Büchersammlung, die Trithemius dort aufbaute, erwarb einen sagen­haften Ruf, zog Gelehrte und andere Besucher an. Trithemius selbst verfasste zahlreiche Werke eines überaus breiten Wissens-Spektrums: monastische, theologische und religiöse Werke, Schriftsteller­verzeichnisse, die von Eco angesprochenen Anlei­tungen zur Abfassung von verschlüsselten Geheimschriften sowie eine Reihe von historio­graphischen und hagiographischen Werken. Und nicht zuletzt führte Trithemius einen weit gespannten Briefwechsel mit Ordensbrüdern, Gelehrten und mit Fürsten seiner Zeit. Freilich zog er auch Gegnerschaft auf sich mit seinen okkulten Neigungen, mit theologischen Fehden um die unbefleckte Empfängnis Mariens oder aufgrund der Erfindung des Geschichtsschreibers Hunibald, dessen Authentizität Trithemius auf Nachfragen von Historikern aus dem Umkreis König Maximilians nicht nachweisen konnte. 9 Neben allen diesen Tätigkeiten humanistisch­monastischer Gelehrsamkeit war ein weiteres, davon kaum zu trennendes zentrales Anliegen des Sponheimer Abtes das fortgesetzte Wirken für die Reform des Benediktinerordens, die persönliche, engagierte Tätigkeit für die von Bursfelde ausge­gangene Reformkongregation, der seit 1458 auch 106