Eckhart Kern · Nagold ist seit 1363 württembergisch lichen Residenz aus. Dazu benötigte er Bargeld, das er nur zum Teil durch den Verkauf seines Muttererbes aufbrachte. Die kostspielige Ummauerung der Stadt wird unter ihm vollen­det. In seiner Regierungszeit, im Jahre 1329, wird Nagold zum ersten Mal urkundlich als unser Statt ze Nagelt erwähnt. Auch die Pfarrkirche St. Remigius musste jetztrepräsen­tativ und herzeigbar sein, wenn der Graf da die Messe besuchte, auch mit hohen Gästen 4 . Zwischen 1320 und 1325 wurde deshalb ihr Langhaus aufwändig mit qualitativ hochstehen­den Wandfresken geschmückt, die leider durch verschiedene Umbauten in den nachfolgenden Jahrzehnten nicht vollständig erhalten geblie­ben sind. Trotzdem dürfen sieals ein beson­ders schönes Beispiel hochgotischer Malerei bezeichnet werden 5 . Die im Langhaus erhal­tenen Bilderzyklen zeigen in der oberen Reihe Szenen aus der Kindheit Jesu, in der unteren Reihe die Passion Christi. In der Kunstge­schichte hat sich der BegriffNagolder Stil für diese Wandmalereien eingebürgert. Zu der territorialen Zersplitterung der Hohen­bergischen Herrschaft durch die genannten Erbteilungen kamen also hohe Schulden wegen der zu aufwändigen Hofhaltung. Als weiteres Übel erwies sich seit etwa dem Jahre 1300 eine Periode der Klimaverschlechterung, die Missern­ten und Hungerjahre zur Folge hatte. Die Pestjahre von 1348 bis 1351 haben schließlich das ihre dazu beigetragen, die Nagolder Grafen von Hohenberg derart verarmen zu lassen, dass Otto II., der Sohn von Burkhard VI., seine Herrschaft 1363 an die Grafen von Württem­berg verkaufen musste. Bereits ein Jahr zuvor hatte er schon seine beiden Dörfer Remmings­heim und Wolfenhausen an den Pfalzgrafen Konrad von Tübingen verkauft. Gründe für den Kauf der Grafschaft Hohenberg­Nagold durch die Grafen von Württemberg Ulrich IV. von Württemberg im Jahr 1363 kann zweifellos in einen größeren politischen Zusam­menhang gestellt werden. Es handelt sich dabei um die von den Grafen von Württemberg konsequent verfolgte, aktive Territorialpolitik zur Gewinnung eines größeren geschlossenen Herrschaftsgebietes. In dem Zeitraum von etwa 120 Jahren, vom ersten Auftreten Graf Ulrichs I. 1238 bis zu dem Tode Graf Eberhards III., des Milden, im Jahre 1417, vergrößerte sich das Kernland der Grafschaft Württemberg durch ständigen Zuwachs. Der territoriale Schwer­punkt der Herrschaft lag ursprünglich im mitt­leren Neckarraum und erweiterte sich von dort aus gezielt nach allen Seiten, zum oberen Neckar hin, entlang der Flüsse Rems und Murr, auf die Höhen der Schwäbischen Alb sowie in den mittleren und nördlichen Schwarzwald. Ebenso gab es Zuwächse durch linksrheinische Gebiete, etwa die Grafschaft Horburg und die Herrschaft Reichenweiher im Elsass sowie die Grafschaft Mömpelgard in Burgund. Der genannte Zeitraum, in dem diese bewusste Herrschaftsbildung Württembergs erfolgte, wird nach der Herrscherfolge auch dasJahr­hundert der Eberharde genannt. Die erfolg­reiche Außenpolitik der Eberharde hat zu einer Gebietsvergrößerung um das Dreifache geführt. Dabei schalteten diese Württemberger eine ganze Reihe grafschaftlicher Konkurrenten weniger durch Kriege, als vielmehr durch eine geschickte Politik der Heirat, des Kaufs oder der Erbschaft aus. Drei gut nachzuvollziehende Gründe für den Erfolg dieser württember­gischen Territorialpolitik werden in der Litera­tur geltend gemacht: 6 1. Es folgten imJahrhundert der Eberharde den Vätern als Erben immer Söhne, jeweils mit langen Regierungszeiten. Eine solche dynasti­sche Kontinuität ist eine wichtige Vorausset­zung zur erfolgreichen Begründung einer Ter­ritorialherrschaft. Der Kauf der Herrschaft Hohenberg-Nagold 2. Erbteilungen in jeweils selbständige Graf­durch die Grafenbrüder Eberhard II. und schaften, wie sie etwa bei den Grafen von Teck, 58