Ulrich Boeyng · Zwischen Stauwehr und Steckdose Kraftanlagen dienten zunächst zur Eigenversor­gung der Betreiber, der überschüssige Strom wurde aber gern zur Stromversorgung in die umliegenden Gemeinden geliefert. Die Maschinenhäuser wurden häufig in alten, umgebauten(Mühlen-)Gebäuden eingerichtet, die oft bereits nach wenigen Jahren erweitert werden mussten. Diese Anlagen wirken daher zumeist wie eine Gebäudegruppe ohne ein­heitliche Gestaltung. Die Kulturdenkmal-Eigen­schaft solch eines Kraftwerks beruht dem entspre­chend selten auf einer qualitätvollen Formenspra­che also keineKathedrale der Technik sondern in den meisten Fällen auf seiner tech­nischen Ausstattung und auf der Bedeutung der Anlage innerhalb der Geschichte der Strom­versorgung. Im Landkreis Calw erfolgte die Stromversorgung vor der Liberalisierung entweder durch private Stromerzeuger wie C. Klinglers Erben, durch städtische Stromerzeuger wie die Stadtwerke von Altensteig, Calw, Herrenalb und Wildbad oder durch den Gemeindeverband Elektrizitätswerk Teinach-Station, der nach 1939 in der EVS aufging. Nagold C. Klinglers Erben/Elektrizitätswerk Nagold Am 29. Juni 1893 gingen in Nagold in 70 Häusern die ersten elektrischen Glühlampen an. Damit war auch im späteren Landkreis Calw die Epoche der elektrischen Energie angebrochen. Der Bauingeni­eur Cletus Klingler(†1904) hatte zuvor die 1890 abgebrannte Lehrsche Getreidemühle an der Rohrdorfer Steige erworben und dort das erste E-Werk im Landkreis eingerichtet. Es war zugleich das dritte private E-Werk im damaligen Königreich Württemberg. Bis 1912 hatten sich die Stadt Nagold sowie 18 weitere Landgemeinden an das Versorgungsnetz des E-Werks angeschlossen. Nach den Anfangsjahren wurde das bescheidene Kern-Bauwerk, das zugleich als Wohn- und Ma­schinenhaus diente, durch fortwährende An- und Umbauten erweitert. Die umfangreichsten Erwei­terungsbauten erfolgten 1909 für eine zusätzliche Dampfmaschine mit hohem, inzwischen wieder verschwundenem Kamin bzw. 1921 für eine Hochspannungsverteilung. Gleichzeitig wurden ab 1921 zur Unterstützung der Wasserkraft zweiBoot-Dieselmotoren der Fa. MAN/Augsburg install­iert, die zwei Generatoren der Fa. BBC/Mannheim antrieben. Nach ihrer Außerdienststellung 1985 wurde einer der Motoren mit seinem Generator vor der Anlage aufgestellt und ist dort anzuschauen. Nagold- E-Werk C. Klinglers Erben, Zustand 2014 26