Hydrographie. Beschreibung einzelner Flussgebiete, Enz-Nagold.

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einer Feld- und Wiesenlandschaft des reichenGäus. Die Verwitterungsprodukte des Haupt­muschelkalks bilden an den rauhen Winterseiten kahle Steinriegel, an den sommerlichen Gehängen dagegen Böden für Weinberge. Die Böden, die durch Verwitterung des Schilf-, Silber-, Stuben- und Bonebed-Sandsteins des Keupers im Schönbuch und am Stromberg entstanden sind, sind mit Wald bedeckt, während die Mergelböden dieser Formation zu den besten und fruchtbarsten Acker- und Weinböden des Landes gehören. Da jedoch, wo Diluviallehm auf durchlassender Muschelkalk­unterlage lagert, verwirklicht sich das Ideal der Landwirte; das Wasser bleibt nie stehen und doch bewahrt der Lehm selbst in trockenen Jahren so viel Feuchtigkeit als die Pflanzen bedürfen.

Die Durchlässigkeitsverhältnisse sind der als Beilage 1 dem Verwaltungsbericht für 1889/91 beigegebenen hydrographischen Durchlässigkeitskarte des Königreichs Württemberg zu ent­nehmen. Hiebei wurden in der Hauptsache die Schichten des oberen Buntsandsteins und die Keupermergel als undurchlassend, die Ebene des Hauptmuschelkalks als sehr durchlassend und die anderen Gesteinsschichten, sowie die mit Schutt überdeckten Berghänge, als mitteldurchlassend angenommen. Von dem gesamten Einzugsgebiet der Enz sind nach vorstehendem zu bezeichnen:

26.5/ii als undurchlassend

56.5 "/' mitteldurchlassend und

17,0 l '/" * sei 11 * durchlassend.

Unter den wichtigeren Quell ho rizonten des Enzgebiets ist in erster Linie der Granit an­zuführen, in welchem die Thermalwasser von Wildbad und Liebenzell gefasst sind. Die Grenze zwischen dem Granit und den Sedimenten liefert u. a. die starke Quelle bei der Kälbermühle für die neue Wasserversorgung des Schwarzwalds. In den Buntsandsteinthälern treten häufig ergiebige Quellen mit weichem und nahezu salzfreiem Wasser auf. Die thonigen Bänke unter dem ohern Konglomerat, die Grenze zwischen dem oberen und mittleren Buntsandstein, sowie die untere Grenze des Hauptbuntsandsteins bilden treffliche Quellhorizonte. Die Muschelkalkgebiete sind bedeutend wasserarmer; die untere Grenze des Wellengebirgs und die thonigen Schichten der Anhydritgruppe fördern harte, meist kalk- und gipshaltige Wasser zu Tage. Die der Grenze zwischen Lettenkohle und Muschelkalk entspringenden Quellwasser dienen wegen ihrer Frische und ihres Wohlgeschmacks vielfach zu Wasserversorgungszwecken-, sie geben, wenn die wasserführende Bank das Taggebirg bildet, Anlass zu Versumpfungen. Im Keuper schaffen die Gipslager und die sandigen Thonbänke unter dem Stubensandstein, sowie die oberen Bonebedsandsteine, zahlreiche Quellen zu Tage. Von grosser Bedeutung sind ferner bei der Frage nach Wassergewinnung die Grundwasser der Thäler.

Besonderer Erwähnung bei der Frage der Durchlässigkeit bedürfen noch die auf den schwer durchlassenden Schichten des oberen Buntsandsteins häufig vorkommenden Hochmoore oder Missen. Da einzelne dieser Moore neuerdings im Interesse der Waldwirtschaft teilweise ent­wässert wurden, so werden die in den letzten Jahren stattgehabten Ueberschwemmungen und die dadurch verursachten Hochwasserschäden vielfach diesen Entwässerungen zugeschoben. Die ent­wässerten Flächen sind aber im Verhältnis zum Flussgebiet sehr klein, sofern im gesamten Enz- Nagoldgebiet 20 Hochmoore mit zusammen nur 7 qkm Fläche vorhanden sind. Ihr Einfluss wird meist überschätzt. Die Entwässerungsanlagen mögen wohl auf die Hochwasser der kleinen Neben­bäche, in welche sie entwässern, eine Wirkung ausüben, auf den Hauptfluss dürfte eine solche jedoch kaum mehr nachweisbar sein. Jeder stärkere Dauerregen muss mit Notwendigkeit Hochwasser erzeugen; ein solches tritt erfahrungsgemäss entweder dann ein, wenn die Humusschichten durch vorhergegangene mehrtägige Niederschläge gesättigt sind und die Niederschläge noch fortdauern, oder wenn der Boden infolge Frosts zur Wasseraufnahme überhaupt nicht befähigt ist und eine etwa vorhandene Schneedecke durch raschen Witterungsumschlag, verbunden mit wärmerem Regen, zum raschen Schmelzen gebracht wird. Da nun in geordneten Abzugsgräben der Abfluss früher beginnt, als aus dem mit Gräben nicht durchzogenen Gelände und der Untergrund der Hochmoore schon vor dem Regen zum teil gesättigt ist, also nicht mehr so viel in sich aufzunehmen vermag, wie wenn er durch Drainierung ausgetrocknet ist, so erhellt daraus, dass infolge der Drainierung schon grössere Wassermassen vor dem Eintritt der höchsten Schwellung abgeführt sind. Die Ent­wässerungsanlagen bewirken daher mehr eine Beschleunigung des Eintritts, als eine Erhöhung der Schwellungshöhe der Hochwasserwelle. Thatsächlich waren auch z. B. im Jahre 1896 die