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Hydrographie. Beschreibung einzelner Flussgebiete, Enz-Nagold.

Erst mit dem Schlüsse der Juraperiode wurde das Enzgebiet dauernd Festland, so dass es seit jener ungeheuer langen Zeit den chemischen und mechanischen Wirkungen der Tagwasser aus­gesetzt war. Durch die abfliessenden Wassermassen wurde die viele hundert Meter mächtige Decke nach und nach verringert und drangen die Abschwemmungen und Einrisse allmählig bis auf das krystallinische Grundgebirge durch.

Einen haupsächlichen Anteil an der heutigen Oberflächengestaltung nahmen die vor Beginn der oligocänen Tertiärzeit eingetretenen, mächtigen vertikalen Verschiebungen und Schollen­versinkungen. Während die südwestliche Hauptverwerfungsspalte am Schwarzwald zwischen Basel und Freiburg eine vertikale Verschiebung von rund 2000 m aufweist, lässt sich nordöstlich, im heutigen Enzgebiet, eine grössere Zahl kleinerer Verwerfungen von bedeutend geringerer Sprunghöhe verfolgen. In den Sanden der Buntsandsteinformation sind aber diese Spalten sehr schwierig festzustellen-, sie lassen sich, obgleich sie mit der Entfernung vom Grundgebirge an Sprunghöhe abnehmen, in den weiter ab gelegenen felsigen Schichten des Muschelkalks meist leichter nachweisen. Die Verwerfungen sind in bemerkenswerter Weise gleich gerichtet und folgen teils der von Südwest nach Nordost gehenden Richtung des rheinischen Systems, teils sind sie annähernd senkrecht dazu. Diese tekto­nischen Linien sind wohl einerseits grundlegend für den Verlauf der heutigen Thäl'er des Enzgebiets gewesen-, es herrscht jedoch andererseits auch grosse Unabhängigkeit zwischen jenen Verwerfungsspalten und den Flussgerinnen, die durch die im folgenden geschilderten fluvio-glazialen Vorkommnisse während der pleistocänen Zeit ihre Erklärung findet.

In dieser jüngst vergangenen diluvialen Zeit fanden mindestens zwei, vielleicht sogar drei Ver­gletscherungen statt, die durch eine bezw. zwei wärmere Interglazialzeiten von einander getrennt waren. Die Frage, ob und wie weit das heutige Enzgebiet selbst vergletschert war, ist noch nicht gelöst, jedenfalls musste aber der Wechsel zwischen dem Festlegen der meteorischen Wasser in Form von Schnee und Eis und dem Freiwerden derselben in Gestalt von Wasser in der diluvialen Zeit einen entsprechenden Wechsel in dem Wasserreichtum der Enz, also auch in ihrer ausgrabenden Thätigkeit hervorrufen. Dem eben Erwähnten entsprechend, trifft man auch im Enzgebiet nicht nur eine einzige Thalsohle, sondern deren drei, die in verschiedener Höhenlage übereinander auf- treten und durch Ablagerungen des sogenannten Deckenschotters auf der Lettenkohlenebene des unteren Enzgebiets in 100120 m über dem jetzigen Wasserspiegel und durch solche des Terrassenschotters in 2040 m über dem heutigen Flusslauf gekennzeichnet sind.

Die aus Kies, Sand und angeschwemmtem Lehm bestehenden Alluvionen des heutigen Thals bilden sich noch stetig weiter, sie sind als Träger des Grundwassers von grosser Be­deutung. Alluvionen in Form von Kalktuff finden sich im Waldach-, im Strudelbach- und im unteren Enzgebiet.

Die Gesteinsschichten des Buntsandsteines bilden 38 °/o, diejenigen des Muschelkalks 32 °/o und diejenigen des Keupers 13 °/o des gesamten Enzgehietes, so dass dieses zu 83°/o der Triasformation und zu 16°/o dem Quartär angehört, während der Rest mit 1 °/o auf das Grundgebirge, den Dias und den Lias entfällt.

Bodenbeschaffenheit und Durchlässigkeit.

Die Beschaffenheit der Humusschichten ist bedingt teils durch die zu Tage gehenden unter­lagernden Gebirgsschichten, aus deren Verwitterungsprodukten sie meist bestehen, teils aber auch durch die auf glazialem, pluvialem oder äolischem Wege entstandenen Anhäufungen von Zersetzungs­produkten benachbarter oder ehemals überlagernder Gesteinsschichten.

In dem vom Schwarzwald eingenommenen oberen Enz-Nagoldgebiet giebt das Verwitterungs­produkt des reinen Buntsandsteins einen lockern Sandboden ohne mineralische Nährstoffe, der sich hauptsächlich nur für Nadelholzwald eignet. Wenn sich dem ursprünglichen Sandstein noch Thon­schichten beimengten, ergiebt die Verwitterung auch Böden, die für Acker- und Wiesenbau genügen. Die Zersetzungsprodukte der Schichten des Wellengebirgs des Muschelkalks eignen sich weder zum Feld- noch zum Waldbau, sie liefern schwere, kalte Böden die, vielfach unbebaut liegen bleiben und als Weiden benützt werden. Die übrigen Muschelkalkböden, besonders diejenigen der Anhydrit­gruppe und des obern Dolomits, sind sehr fruchtbar und verleihen dem Gelände den Charakter