Leonid Kanter · Das erste Jahr der französischen Besatzung im Landkreis Calw erklärte auf der Landrätetagung vom 5. August 1946 die schlechte Stimmung in der Bevölkerung mit der mangelnden Fettversorgung. Darüber hinaus hat die Bevölkerung kein Verständnis für die niedrigste Fettration aller Länder,obwohl Südwürttemberg als Haupterzeugerland(von Fett) anzusprechen ist, 5. August 1946. 28 StAC, NL Wagner Nr. 2. Wagner schreibt in einem Brief an die zurückgekehrten Soldaten unter ande­rem zur Transportsituation:Ohne Anschluss an das Verkehrsnetz der Reichsbahn, liegt unser Kreis, der mit Fug und Recht als Notkreis des französisch besetzten Württembergs bezeichnet wird, still und verlassen wie eine Oase da. Frühjahr wird es wer­den, bis wir geregelte Verhältnisse haben. Wegen der Transportschwierigkeiten kommen Handel und Wandel nur mühsam in Gang. 29 StAC, NL Wagner Nr. 1. Siehe Wagners Bericht zum Zustand der Straßen vom 7. Dezember 1945. 30 StAC, NL Wagner, Nr. 1, Brief vom 8. Oktober 1945. 31 StAC, NL Wagner, Nr. 1. Ende September 1945 wurden dem Landkreis Calw 2500 Tonnen Kartof­feln, 1000 Tonnen Mehl, 670 Tonnen Kohlen, 150 Tonnen Teigwaren und Nährmittel, 20 Tonnen Kaffee-Ersatz, 20 Tonnen Salz, 45 Tonnen Käse sowie 10 Tonnen Schieferöl zugewiesen(Schreiben von Wagner an Frénot). 32 StAC, NL Wagner Nr. 1. 33 StAC, NL Wagner Nr. 2. Direkt nach seinem Amtsantritt als Landrat veröffentlichte Wagner ein Plakat mit der allgemeinen Beschreibung der Situ­ation in Landkreis Calw und mehreren Appellen an die Kreisbevölkerung. Von den vielseitigen Problemen im Kreis stellte er die Ernährung an erste Stelle. 34 Einen pikanten Bereich der Hygiene tangieren die Geschlechtskrankheiten. Dieses Thema beunruhi­gte Frénot so sehr, dass er die Bürgermeister zur Weitergabe der Daten im Falle einer Infizierung veranlasste, damit die Mädchen in den Kranken­häusern behandelt werden konnten. Auch die Ärzte waren in der Pflicht, Geschlechtskrankheiten an die lokalen Behörden zu melden. Wagner Aktennotiz vom 6. Dezember 1945, StAC, NL Wagner Nr. 1. 35 Zu Alltagsproblemen vergleiche: Michaela Weber, Politisches Leben nach 1945.(Calw Geschichte einer Stadt), Calw 2006, S. 16. 36 StAC, NL Wagner Nr. 1. In der Aktennotiz vom 17. September 1945 steht ausdrücklich, dass dieses französisch-amerikanische Handelsabkommen erst auf Frénots Initiative entstanden war. 37 StAC, NL Wagner Nr. 1. Aktennotiz vom 27. September 1945 Besprechung mit Frénots Adjutant Mueller. 38 StAC, NL Wagner Nr. 1. Nachdem Frénot den Landkreis in Bezug auf die Landwirtschaft unter die Lupe genommen hatte, stufte er den Schweine­bestand als sehr niedrig ein. Laut Wagners Bericht hoffe Frénot auf eine baldige Einfuhr von 1000 Ferkeln aus der amerikanisch-besetzten Zone(Be­richt Wagner vom 19. September 1945). 39 Wagner erinnert sich:Auch die willkürliche Auf­teilung der Länder in Besatzungszonen hatte für das nördliche und östliche Kreisgebiet in ernährungs­politischer Hinsicht schwerwiegende Auswir­kungen. Denn die Felder vieler kreisangehöriger Landwirte lagen auf der Gemarkung der anderen Zone, so dass die Bestellung dieser Felder anfäng­lich unmöglich war. Bericht Wagner, StA CW 704/02. 40 Karl-Heinz Rothenberger, Ernährungs- und Land­wirtschaft in der Französischen Besatzungszone 1945–1950, in: Claus Scharf und Hans-Jürgen Schröder(Hrsg.), Die Deutschlandpolitik Frank­reichs und die Französische Zone 1945–1949, Wiesbaden 1983, S. 185–204(188). 41 Das Problem der Flüchtlinge war vor allem ein politisches. Viele Flüchtlinge zogen in die Wirt­schaftszentren Pforzheim, Stuttgart oder Karlsruhe und wurden dort aufgrund kaum vorhandener Wohnräume abgewiesen. 42 Fleisch, Käse, Butter und Eier. Dadurch sank der Umfang der täglichen Ration um 10 bis 15%. Karl-Heinz Rothenberger, Ernährungs- und Land­wirtschaft in der Französischen Besatzungszone 1945–1950, in Claus Scharf und Hans-Jürgen Schröder(Hrsg.), Die Deutschlandpolitik Frank­reichs und die Französische Zone 1945–1949, Wiesbaden 1983, S. 185–204(192). 43 StAC, NL Wagner Nr. 2. Bericht Emil Wagner vom 10.12.1945. Ernährungsbericht Dr. Kilppers ist im Bericht Wagners unter Tagesordnungspunkt 4, S. 4 unten f. zu finden. 44 StAC, NL Wagner Nr. 2. Wie sehr die französische Militärregierung bemüht war die Autorität und den Respekt der Bevölkerung ihr gegenüber nicht zu verlieren, zeigt die Abschrift eines Plakates vom 17. Oktober 1945. Weil an der Wohnung des Gouver­neurs die französische Fahne im Grunde nur ein Stück Stoff in den Farben blau-weiß-rot ver­schwunden war, drohte man der Bevölkerung mit schwerwiegenden Maßnahmen der Militärregie­rung. Für sachdienliche Hinweise wurde eine 77