Leonid Kanter · Das erste Jahr der französischen Besatzung im Landkreis Calw Franzosen alsErbfeind in den Augen der deut­schen Bevölkerung zu diskreditieren. Hitler hasste Frankreich so sehr, dass er trotz der unvermeid­lichen Niederlage in seinem Berliner Bunker schrieb:Wie er auch ausgehen wird, dieser Krieg hat wenigstens Frankeich auf den Platz gestellt, wo es hingehört, nämlich der einen fünftrangigen Macht. Die Rassenlehre tat ihr Übriges bei den Afrikanern. Durch die beschriebenen Verbrechen wurden die Vorurteile nur bekräftigt und bestätigt. Hitlerzitat siehe; Ralph Erbar(Hrsg.), Quellen zu den deutsch–französischen Beziehungen 1919– 1963. Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe, Darmstadt 2003, S. 123. 13 StAC, NL Wagner, Nr. 1 und 2. Das harte Auftre­ten der Franzosen gegenüber der deutschen Bevöl­kerung, wird an einem Aufruf des französischen Kommandanten an die Calwer Bevölkerung vom 16. April 1945 deutlich. Neben der Ausgangssperre (von 19 bis 5 Uhr) und des Versammlungsverbotes, musste die Bevölkerung ihre Waffen, Funk- und Radiogeräte abgeben. Die Missachtung dieser Vorschriften wurde mit Erschießen bedroht. Ein Attentat auf einen französischen Soldaten hätte sogar eine Kollektivstrafe im Umfang von zehn Hinrichtungen angesehener Calwer nach sich gezo­gen. Trotz des gründlichen Aktenstudiums ist mir kein Fall bekannt, dass jemals ein deutscher Zivilist erschossen wurde. 14 StAC, NL Wagner, Nr. 1 und 2. 15 Fritz Barth, Der Gouverneur, der im Schwarzwald blieb. Hubert Frénot, französischer Militärbefehls­haber für die Kreise Calw und Freudenstadt, wäre 1997 hundert Jahre alt geworden, in: Der Landkreis Calw. Ein Jahrbuch, Band 15, Calw 1997. 16 Diese Informationen gab Frénot in seiner Antritts­rede an die Bürgermeister des Kreises am 27.08.1945 preis. Siehe: Herrmann Scheurer, Einst und Heute. Beiträge aus dem Kreisgeschichtsverein Calw e. V., Heft 11, Calw 2000, S. 5. 17 Eine Behinderung der Kooperation seitens der Bevölkerung, oder gar Sabotage derselben, hätte nur der deutschen Bevölkerung geschadet. Einige Beispiele werden noch folgen. 18 So die Ernennungsurkunde. Siehe StAC, NL Wagner, Nr. 2. 19 Auch bei der Entnazifizierung in der französischen Besatzungszone muss zwischen alter und neuer Forschung unterschieden werden. Während die alte Forschung die Entnazifizierung lediglich als Mittel zum Zweck sah, konnte die neue Forschung eigen­ständige Strukturen der Entnazifizierungspolitik erkennen, die in das Konzept der Sicherheitspolitik eingebettet waren. Politische Säuberung stand somit ganz oben auf der Agenda der französischen Militärregierung. Hierzu gehörtedie automatische Entlassung aller NS-Aktivisten aus der öffentlichen Verwaltung, ihre Entfernung von einflussreichen Posten in der Privatwirtschaft und anderen gesell­schaftlichen Bereichen. R. Möhler: Entnazifizie­rung, Demokratisierung, Dezentralisierung, in: Stefan Martens(Hrsg.), VomErbfeind zum Erneuerer. Aspekte und Motive der französischen Deutschlandpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg, Sigmaringen 1993, S. 157–173(161). 20 StAC, NL Wagner, Nr. 1. Aus dem Fragebogen der Militärregierung, den Wagner am 15. Januar 1946 ausgefüllt hatte, wissen wir, dass er weder der NSDAP noch Ihrer Organisationen wie der SS bzw. SA angehört hatte. Wagner gehörte lediglich der DAF, NSV und dem VDA an. 21 StAC, 704/02. Wagner erinnert sich an Frénot: Am 6. September 1945 habe ich[] meine Tätigkeit begonnen, unter Ihrer Devise: Von der deutschen Beamtenschaft kenne ich nur den Land­rat und den sehe ich jeden Tag. Rede Emil Wagners anlässlich der Verabschiedung Frénots. 22 Die Ernährungsfrage bildete zweifellos eines der ganz zentralen Probleme im innen- und außenpo­litischen Spannungsfeld, Dietmar Hüser, Fran­kreichsdoppelte Deutschlandpolitik. Dynamik aus der Defensive Planen, Entscheiden, Umsetzen in gesellschaftlichen und wirtschaftlichen, innen­und außenpolitischen Krisenzeiten 1944–1950, Berlin 1996. 23 Die Amerikaner und die Briten wurden allesamt aus ihren Heimatländern ernährt. 24 Selbst innerhalb der französisch-besetzten Zone gab es Unterschiede in der Lebensmittelversorgung. So erhielt der Saarländer durchschnittlich 100kcal pro Tag und Person mehr als Menschen in den anderen Bereichen der französischen Zone. Siehe: Volker Koop, Besetzt. Französische Besatzungspolitik in Deutschland, Berlin-Brandenburg 2005, S. 80. 25 Rothenberger gibt genaue Zahlen in den Kriegsjah­ren an. Karl-Heinz Rothenberger, Ernährungs- und Landwirtschaft in der Französischen Besatzungszo­ne 1945–1950, in Claus Scharf und Hans-Jürgen Schröder(Hrsg.), Die Deutschlandpolitik Frank­reichs und die Französische Zone 1945–1949, Wiesbaden 1983, S. 185–204(186). 26 Die reine Kalorienangabe verrät nichts über die enthaltenen Vitamine und Spurenelemente. 27 StAC, NL Wagner Nr. 2. Staatsrat Dr. Schmid 76